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Alt-Text: Silhouette der Vorstandsmitglieder des BSV, die sich an den Händen halten
Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg e.V.
Beratung / Unterstützung / Austausch / Veranstaltungen
Mit Blindheit oder Sehbehinderung aktiv und selbstbestimmt leben!
Sprechzeiten:
Dienstag 10 - 12 Uhr und
Donnerstag 15 - 17 Uhr
sowie nach Vereinbarung
Kontakt:
Telefon: 02 28 - 69 22 00 / E-Mail:
bsv-bonn@t-online.de
Konrad-Adenauer-Platz
6 / 53225 Bonn
Infotelefon: 02 28 - 69 22 01 / Webseite:
www.bsv-bonn.de
Bonn / Rhein-Sieg / Euskirchen
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Alt-Text: Logo BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V.
Grußwort von Katja Dörner Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn
Grußwort von Sebastian Schuster Landrat des Rhein-Sieg-Kreises
Herzlich willkommen von Robert Landsberg – Vorsitzender des BSV
100 Jahre BSV – die 1980er Jahre
100 Jahre BSV – die frühen 90er Jahre
100 Jahre BSV - Mehr als ein viertel Jahrhundert Vorsitzender!
Beratung – das BSV Team und die neue Geschäftsstelle
Beratung – eine langjährige Mitarbeiterin erzählt
Beratung – Blickpunkt Auge, was ist das?
Sehbehinderung - wie es mir ergangen ist
Berufliche Rehabilitation – von Punkten, Bytes und Computerstimmen
Anderen die Blindheit erklären
Der Hund - ein einfühlsamer und treuer Helfer
Das ständige Ringen um Barrierefreiheit
Unterwegs mit Bus und Bahn in Bonn
Selbsthilfetreffen – Stammtisch in Bad Godesberg seit mehr als 40 Jahren
Selbsthilfetreffen – Technikerstammtisch
Selbsthilfetreffen –Nomaden der Innenstadt
Luftgewehrschießen für Blinde und Sehbehinderte
Das „Große Grillfest“ – ein Highlight jedes Sommers
Mit dem Natur- und Landschaftsführer unterwegs
„Blinde und Kunst“ und die Begeisterung für Steine
Kulturgeschichte barrierefrei erleben
Der BSV in der Presse – eine Zeitreise
"Hand in Hand in die Zukunft" – unter diesem Motto feiert der Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg (BSV) e.V. sein 100-jähriges Bestehen. Damit ist er einer der ältesten Selbsthilfevereine in der Region. Als Bonner Oberbürgermeisterin weiß ich den beständigen Einsatz für die Interessen von blinden und sehbeeinträchtigten Bürger*innen sehr zu schätzen. Gerne habe ich deshalb auch die Schirmherrschaft über die Jubiläumsfeierlichkeiten übernommen.
Die Unterstützungsangebote des Vereins sind
vielfältig. Von Blindheit bzw. Sehbehinderung Bedrohte oder
Betroffene werden vor Ort in der Geschäfts-stelle umfassend
beraten und auch der Verwaltung ist der Verein ein
kompetenter
Ansprechpartner in allen Belangen dieser Zielgruppe. Einige
Mitglieder besuchen Schulen und Kindergärten in Bonn und im
Rhein-Sieg-Kreis, um Aufklärungsarbeit zu leisten und das
Verständnis für die Lebens-wirklichkeit blinder und
sehbehinderter Menschen zu fördern. Mit zahlreichen Aktivitäten
bietet der BSV auch ein umfassendes Freizeitprogramm für seine
Mitglieder. Darüber hinaus ist er als Gründungsmitglied
seit Jahrzehnten
ein engagiertes Mitglied der
Behinderten-Gemeinschaft Bonn und spielt damit auch eine wichtige
Rolle bei der Wahrnehmung der Aufgaben als Behindertenbeauftragten.
Dies alles ist nur möglich durch das Engagement des Vorstandes sowie der Mitglieder und ihrer Angehörigen. Im Namen der Stadt Bonn gratuliere ich dem Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg e.V. als Oberbürger-meisterin sehr herzlich zum 100-jährigen Bestehen und danke allen, die sich in die Arbeit des Vereins einbringen. Möge diese erfolgreiche Arbeit weiterhin auf gutem Wege voranschreiten.
Ihre Katja Dörner
Schirmherrin der
Jubiläumsfeierlichkeiten
„Hand in Hand in die
Zukunft“
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Alt-Text: Portraitfoto von Katja Dörner, Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn.
Ich gratuliere dem Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg e.V. ganz herzlich zum 100-jährigen Jubiläum! Seit 100 Jahren bietet der Verein Hilfe von Betroffenen für Betroffene an und nimmt daher als niedrigschwellige Beratungsinstanz eine wichtige Rolle in der Region ein.
Auch dem Rhein-Sieg-Kreis stehen Sie mit Rat und Tat zur Seite. Seit Grün-dung des Fachbeirats Inklusion des Rhein-Sieg-Kreises sind Vertreterinnen und Vertreter des Vereins dort aktiv; seit längerem stellen Sie den Vorsitz des Gremiums. Als Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg e.V. haben Sie z.B. gestalterische Baumaßnahmen in Gebäuden des Rhein-Sieg-Kreises, wie die Neugestaltungen der Kantine oder des Straßenverkehrsamts in Meckenheim speziell aus dem Blickwinkel stark sehbeeinträchtigter Menschen begleitet. Häufig sind es ja die vermeintlich „kleinen Dinge“, die für Menschen mit Behinderungen große Erleichterungen im Alltag darstellen. Das gegen-seitige Verständnis von Menschen mit und ohne Einschränkungen zu fördern, ist Ihnen ein großes Anliegen.
Das 100jährige Jubiläum lenkt den Blick allerdings nicht nur auf das, was in der Vergangenheit Gutes erreicht wurde, sondern auch auf die Zukunft. An Aufgaben wird es in absehbarer Zeit nicht scheitern. Denn die Belange von behinderten und auch speziell von blinden und sehbehinderten Menschen sind noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Aktuell steht der Verein aber vor der Herausforderung, dass die entsprechen-de Finanzierung sichergestellt werden kann. Hierzu finden zwischen den Beteiligten intensive Gespräche statt und ich habe die Hoffnung, dass der Verein auch in Zukunft auf eine auskömmliche Finanzausstattung zurückgreifen kann.
Allen aktuell und in der Vergangenheit im Verein Tätigen gebührt großer Dank, verbunden mit der Hoffnung, dass diese wertvolle Arbeit fortgesetzt wird.
Ihr Sebastian Schuster
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Alt-Text: Foto von Sebastian Schuster, Landrat des Rhein-Sieg-Kreises.
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Alt-Text: Portraitfoto von Robert Landsberg, Vorsitzender des BSV
Herzlich willkommen zu einer Zeitreise durch über ein Jahrhundert Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe!
Mehr als 100 Jahre gibt es nun unseren Verein in Bonn. Seit den Anfängen im Jahr 1921 ist viel passiert, und wir sind inzwischen eine der etabliertesten Selbsthilfeorganisationen hier vor Ort.
Das Einzugsgebiet ist größer geworden, nach Bad Godes-berg kamen Mitglieder aus Siegburg, Euskirchen und dem gesamten Rhein-Sieg-Kreis hinzu. Den Zusammenschluss Bonn/Rhein-Sieg konnte ich schon als Vorsitzender 2002 mit begleiten.
Neben blinden Menschen vertreten wir seit den 90er Jahren auch Menschen mit Sehbehinderung und unsere Mitgliederzahl wächst bis heute stetig.
Ein ganz wichtiger Baustein dafür ist die Mitgliederassistenz, die mir stets ein sehr großes Anliegen war und ist. Wir bieten Beratung, Hausbesuche und Hilfe, mischen uns in die lokale Politik ein, unterstützen uns gegenseitig bei alltäg-lichen Problemen und haben natürlich auch viel Spaß zusammen.
In dieser Festschrift findet sich all das wieder. Mitglieder, die schon lange dabei sind, erzählen, wie es früher war, ehemalige und aktuelle Vereinsvorstände berichten von Meilensteinen der Vereinsentwicklung und unsere aktiven Mit-glieder erzählen davon, was den BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V. ausmacht.
Es erwartet sie eine spannende Exkursion durch die
Bonner Blindenselbsthilfe.
Feiern Sie mit!
Robert
Landsberg
Vorsitzender des BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V.
von Matthias Klaus
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Alt-Text: Portraitfoto von Mathias Klaus, Schriftführer des BSV
Am 04. Oktober 1921 wurde der „Blindenverein für Bonn und Umgebung" gegründet. Die Initiative dazu ging aus von der blinden Bonnerin Hedwig Bruch.
Die Blindenselbsthilfe hatte mit der Gründung des Reichsdeutschen Blindenverbandes im Jahre 1912, also bereits vor dem 1. Weltkrieg, den entscheidenden ersten Schritt auf dem langen Weg zur gesellschaft-lichen und beruflichen Integration blinder Menschen getan und damit eine Entwicklung eingeleitet, die mit dem Entstehen regionaler Verbände und örtlicher Vereine ihren Fortgang nahm. So war es nur folgerichtig, dass auch in Bonn ein Verein entstand, der für blinde Menschen gegenseitige Hilfe und Möglichkeiten zu geselligem Beisammensein bot.
Die Mitglieder der Gründungsversammlung des Bonner Vereins waren: Hedwig Bruch, Simon Brungs, Anna Besing, Theodor Kircharz, Berta Klinker, Anna Kreutz, Maria Mähre, Margarete und Barbara Mertens, Franz Römer, Paula Schlangen sowie Hedwig und Dr. Karl Schmidtbetz.
Der Verein hatte von Anfang an personelle und organisatorisch-technische Schwierigkeiten. Hinzu kamen die immer schwerwiegenderen Folgen der Inflation. Vielleicht hätte der Verein gar nicht überlebt, wenn er nicht immer wieder von sehenden Menschen gefördert worden wäre.
Für lange Zeit – bis zum Ende des zweiten Weltkrieges – war Wilhelm Vianden Vorsitzender des Bonner Blindenvereins.
Die Wirtschaftskrise der 20er Jahre, das dritte Reich und der zweite Weltkrieg stellten den Verein immer wieder vor große Herausforderungen. 1943 kam das Vereinsleben dann sogar für mehrere Jahre zum Erliegen.
Die neue Bundesrepublik
Erst im Jahr 1946 konstituierte sich – in Anwesenheit von etwa 30 Personen – der Verein neu. Vorsitzender war damals Fritz Jegsenties. Am 26.08.1947 wurde der Verein dann beim Amtsgericht Bonn ins Vereinsregister eingetragen.
Als Bonn zum Sitz der neuen Bundesregierung
gewählt wurde, ergaben sich viele Möglichkeiten für
blinde Menschen, hier Arbeit zu finden.
Der Blindenverein wuchs
stetig und gewann an Bedeutung. In der Folge hatte auch der Deutsche
Blindenverband e.V. zeitweise seinen Sitz in Bonn.
Vorsitzende waren während der 50er Jahre: Gertrud Steinborn, Karl Schauer-mann, Josef Eger, Ludwig Hein, Dr. Horst Geißler und Heinz Moog.
Heinz Moog gelang es zu Beginn der sechziger Jahre durch innere Erneuerung und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, dem Verein ein neues Image zu geben. Die Belange blinder Menschen wurden jetzt offensiv in die Bonner Öffentlichkeit gebracht. Heinz Moogs Verdienst war es auch, den Verein auf eine verbesserte wirtschaftliche Basis zu stellen. Während einer Mitgliederversammlung hat ihn allzu früh der Tod ereilt.
Aufbruch in den 70ern
Mit dem Zusammenschluss des Bonner und des Bad Godesberger Blinden-vereins zum Blindenverein Bonn e.V. wurden unter dem Vorsitz von Matthias Bach im Jahre 1970 die Voraussetzungen für die heutige Vereinsarbeit geschaffen.
Entsprechend veränderter Anforderungen wurde der Verein nun mit viel Geschick und Ideenreichtum von Bernd Erwin, Konrad-Albert Wetzel und Armin Kappallo erfolgreich durch die siebziger Jahre geführt.
1980 übernahm dann Heinrich Erk den Vorsitz,
der dem Verein in seiner
9-jährigen Amtszeit viele neue
Impulse gab. Nochmals übernahm dann Bernd Erwin den Vorsitz in
Personalunion als Geschäftsführer. Wegen schwerer Krankheit
musste er aber als Vorsitzender 1990 zurücktreten.
So wurde in der Jahreshauptversammlung Hans-Dieter Später zum neuen Vorsitzenden gewählt. Mit Kompetenz und Sachkunde durch seine haupt-amtliche Tätigkeit als Geschäftsführer des Deutschen Blinden-Verbandes e.V. (DBV) war er in seiner 5-jährigen Amtszeit prädestiniert für diese wichtige Aufgabe.
Seit dem 01. April 1995 ist Robert Landsberg Vorsitzender des Vereins.
von Heinrich Erk
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Alt-Text: Portraitfoto von Heinrich Erk, ehemaliger Vorsitzender des BSV
Im Jahre 1980 wurde eine neue Satzung beschlossen. In ihr wurden die Aufgaben des Vereins der Entwick-lung angepasst, um so den Belangen der Mitglieder noch besser gerecht zu werden und eine straffere Vereinsarbeit zu erreichen.
Die Mitgliederzahl des Vereins war inzwischen stark angewachsen und erforderte organisatorische und noch stärker zielgerichtete Arbeit. Ein ehrenamtlicher Geschäftsführer wurde bestellt und eine Geschäfts-führungsassistentin benannt. Erstmals hatten wir auch ein eigenes Vereins-büro. Auch konnten wir für den Hausbesuchsdienst eine engagierte Mitarbei-terin gewinnen.
Wir hatten damals einige bedeutende Erfolge vorzuweisen: mit finanzieller Förderung durch die Stadt Bonn und der fachlichen Unterstützung durch den Blindenoberlehrer Kiefner aus Friedberg/Hessen konnten wir einen taktilen Stadtplan von Bonn erstellen. Mit seinen 14 Reliefkarten gibt er dem blinden Nutzer eine wertvolle Übersicht über das Stadtgebiet. Auch Ampelkreuzungen und Straßenübergänge sind markiert und Stufen und Treppen im fußläufigen Bereich taktil gekennzeichnet.
Schon Ende der 70er Jahre konnten wir in Bonn ein Mobilitätstraining etablie- ren. Nach erfolgreicher Teilnahme am Mobilitätstraining mit Nutzung eines weißen Langstocks ist der Blinde befähigt, sich nicht nur in großen Gebäuden, sondern auch im Straßenbereich zurechtzufinden.
Auch automatische Ansagen in Bussen und Bahnen und regelmäßige Bus-fahrerschulungen stammen in ihren Anfängen aus dieser Zeit.
Mein ganzer Stolz ist allerdings der Duft- und Tastgarten für Blinde; er ist bis heute eine Bereicherung für die Bonner Rheinaue.
Ursprünglich sollte der Garten für Blinde ein Element der Bundesgartenschau 1979 werden. Doch ließen Haushaltszwänge seine Errichtung zunächst nicht zu. Letztlich aber hat sich der gute Wille vieler gegen haushaltspolitische Überlegungen durchgesetzt. Durch beherzten Entschluss der Mitglieder der Bezirksvertretungen von Bonn, Bad Godesberg und Beuel konnten schließlich Anfang der 80er Jahre die notwendigen Haushaltsmittel für Infrastruktur und Gestaltung des Gartens bereitgestellt werden. Die städtischen Garten- und Landschaftsingenieure entschieden sich für die Schaffung zweier in Blütenform angelegter Hochbeete als Kernstück der Gartenanlage.
Alle, die die Idee des Duft- und Tastgartens für Blinde verfolgten, waren sich von Anfang an bewusst, dass der Garten allein durch die Schaffung eines Brunnens seine Vollendung erfahren konnte, der als zentrales Element mit dem plätschernden Wasser den Blinden eine natürliche Orientierungshilfe gibt, zugleich ein Stück Natur hörbar macht und durch künstlerische Ausgestaltung eine tiefere Sinngebung vermittelt. Weitere öffentliche Mittel standen jedoch nicht zur Verfügung.
Und da ereignete sich ein glücklicher Zufall, anlässlich einer Ausstellung des Blindenvereins auf dem Münsterplatz stellte sich mir Dr. Wolfgang Hesse, der frühere Oberstadtdirektor der Stadt Bonn, vor. Wir führten ein intensives und tiefgehendes Gespräch über die Situation blinder Menschen im Allgemeinen und in Bonn im Besonderen. Dr. Hesse, der nicht nur ein hervorragender Verwaltungschef, sondern auch eine Persönlichkeit mit ausgeprägtem sozialem Verantwortungsbewusstsein war, fasste wie er mir später einmal sagte, in diesem Augenblick den Entschluss, zur Schaffung eines Brunnenelements als Mittelpunkt des Blindengartens eine Lösung zu finden.
Bei Familie Hesse trat der Familienrat zusammen. Ergebnis: Die Familie Hesse wollte es selbst versuchen und war bereit, dafür kräftig in die Familienkasse zu greifen. Es erging an den Bildhauer Richard Horus Engels, ein Freund der Familie, die Bitte für einen Ideenvorschlag. Zwei Jahre Arbeit folgten unter Mithilfe von Architekt Roland Hesse.
Am 24. Juni 1983 war es dann so weit. Nach vorzüglicher Arbeit der Kunst-gießerei Rincker aus Sinn in Hessen konnte Dr. Hesse dem Blindenverein Bonn den Elefantenbrunnen als Geschenk übergeben.
In tiefer Dankbarkeit nahm der Verein das Geschenk für die Bonner Blinden an; macht doch die Brunnenplastik – dem Motiv liegt ein altes indisches Gleichnis zu Grunde – jedem Betrachter bewusst, dass wir Menschen, die wir immer glauben, die Wahrheit zu kennen, dabei jedoch stets nur das, was wir selbst in all unserer Unvollkommenheit als solche erkennen bzw. dafür halten.
Das Vorhaben konnte aber nur dadurch gelingen, dass die Stadt Bonn die Zusage geben konnte, das Kunstwerk als Dauerleihgabe des Blindenvereins Bonn anzunehmen und als Krönung des Duft- und Tastgartens für Blinde aufzustellen. Mit dem Kunstwerk wurde den Blinden ein taktil-ästhetischer Genuss geschenkt und der Stadt Bonn eine dauernde Bereicherung des Freizeitparks Rheinaue gegeben.
Ein Gleichnis der Wahrheit:
Als einst ein König die Blinden seines Reichs einen Elefanten betasten ließ, beschrieb ein jeder diesen auf seine Weise. So meinte der eine, der den Rüssel umfing, dass dies eine Schlange und der Stoßzahn ein Schwert sei. Ein anderer umfasste ein Bein und dachte, es sei der Stamm eines Baumes, während sein Nachbar ein Ohr für ein gewaltiges Kohlblatt hielt. Jener, der das Schwänzchen befühlte, glaubte, einen Wurm zu greifen und dem fünften schien die rissige Haut eine rissige Felswand zu sein.
Alles zusammen aber war ein Elefant.
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Alt-Text: Foto des Elefanten im Blindengarten in der Rheinaue. Blinde/Sehbehinderte Person ertastet die Form.
von Hans-Dieter Später
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Alt-Text: Portraitfoto von Hans-Dieter Später, ehemaliger Vorsitzender des BSV
Bernd Erwin war 49 Jahre alt, als er 1989 zum Vorsitzenden des Blindenvereins Bonn e.V. gewählt wurde. Dass er dieses Ehrenamt schon ein Jahr später nicht mehr ausüben konnte, ahnte damals niemand; Bernd verstarb im Januar 1991 an den Folgen eines Krebsleidens.
Die im Herbst 1990 notwendige Neuwahl eines oder einer Vorsitzenden traf alle – den „Rest“ des Vorstandes und die Mitglieder – völlig unvorbereitet, und es fand sich zunächst niemand, der sich zur Wahl stellen wollte.
Schließlich nahm Armin Kappallo, damals Vorsitzender des Deutschen Blinden-verbandes (DBV) und davor Vorsitzender des Blindenverbandes Nordrhein und hauptamtlicher Regierungsdirektor im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, das Heft in die Hand und „verdonnerte“ mich dazu, für den Vorsitz des Vereins zu kandidieren.
Ich war seit gut einem Jahr Geschäftsführer des DBV mit Sitz in Bonn-Bad Godesberg, was Armin nicht davon abhielt, mir die Erfüllung zusätzlicher Aufgaben zuzumuten. Meine Wahl erfolgte dann im Herbst des Jahres 1990.
Die folgenden 5 Jahre waren für mich die anstrengendsten Jahre meines Lebens. Gottlob konnte ich mich im Vorstand auf meine teilweise lang gedien-ten Mitstreiter verlassen, so auf meine Stellvertreterin Heide Bournot (Senioren- und Krankenbetreuung), Matthias Bach (Ehrenvorsitzender), Anita Bimler (Hilfsmittelberatung und -versorgung) usw. Das Vereinsbüro war in Teilzeitarbeit mit zuverlässigen und versierten Mitarbeiterinnen besetzt, die mit dafür Sorge trugen, dass regelmäßig wiederkehrende Vereinsveranstaltungen wie Grillfeste, Bootsausflug, Busausflüge, Treffen der Neigungsgruppen usw. problemlos stattfanden.
Mir eine besondere Hilfe war Trude Hune, die vor ihrer Arbeit als Sachbear-beiterin im DBV als Teilzeitkraft im Vereinsbüro tätig gewesen war. Schon früher hatte sich Trude bedingungslos der Vereinsarbeit gewidmet, sodass mir ihre Kenntnisse sehr zugute kamen.
Angesichts der Tatsache, dass ich aufgrund der Wiedervereinigung Deutsch-lands den Beitritt des Blinden- und Sehschwachenvereins der DDR zum Deutschen Blindenverband und die Abwicklung der Geschäftsstelle und der Einrichtungen des DDR-Verbandes zu organisieren hatte, war ich zu jeder freien Stunde und an fast jedem Wochenende auf die Unterstützung einer sehenden Person angewiesen. Trude war immer für mich da, und setzte dabei ohne zu zögern ihren privaten PKW ein.
Im Berichtszeitraum wurde der DBV und damit auch die Geschäftsstelle des Vereins fast wöchentlich von Delegationen der Blindenverbände aus ganz Osteuropa überfallen. Die Delegationen zeigten sich allesamt davon über-rascht, mit welch bescheidenen räumlichen und personellen Mitteln ein hiesiger Verein seinen Aufgaben nachkommen konnte.
Der Beitritt des DDR-Verbandes zum DBV führte schließlich dazu, dass auch der Blindenverein Bonn eine neue Satzung bekam, in der der Personenkreis der Sehbehinderten einbezogen wurde und aus dem Blindenverein Bonn der Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn wurde.
Während meiner fünfjährigen Amtszeit war ich nicht nur darum bemüht, das Vereinsleben aufrecht zu erhalten, sondern auch darum, den Vorsitz so bald als möglich in andere Hände zu geben. Dass mir das schließlich gelang, halte ich für einen absoluten Glückstreffer, denn mit Robert Landsberg stand einer erfolgreichen Zukunft des Vereins nichts mehr im Wege.
von Robert Landsberg
Als ich mich im April 1995 entschloss, neben meinem Vollzeit-Job bei der Stadt Bonn, für dieses Ehrenamt im Alter von 39 Jahren zu kandidieren, fühlte sich das an wie ein großer Sprung ins eiskalte Wasser, denn ich hatte bis dato noch nie darüber nachgedacht, Vereinsarbeit und schon gar nicht den Posten als Vorsitzender übernehmen zu wollen. Ich hatte zuvor noch nie mit Vorstands-arbeit zu tun, also keine Ahnung!
Da dieser Wunsch aber von mehreren Seiten an mich herangetragen wurde, kandidierte ich und wurde tatsächlich auf Anhieb gewählt. Am nächsten Tag wurde ich gleich mit wichtigen Entscheidungen zu Geldanlagen des Vereins konfrontiert, von denen ich überhaupt noch keinen Schimmer hatte. Mir war es von Anfang an sehr wichtig, stets mit einem guten Team im siebenköpfigen Vorstand zu arbeiten. Dabei konnte ich zunächst glücklicherweise auf die langjährige Erfahrung meiner Stellvertreterin Heide Bournot, die leider bereits verstorben ist, zurückgreifen.
Mit sehr großer Unterstützung meiner Ehefrau Manuela, die auch bis heute mit mir die Vorstandsarbeit engagiert managed, kämpften wir uns Stück für Stück durch das Labyrinth der Vereinskrake hindurch. Hierbei stellten wir etwas erschrocken fest, dass es unbedingt notwendig war die finanzielle Situation des Vereins schnellstmöglich zu konsolidieren, und deshalb dringend entspre-chende Kontakte z.B. mit der Stadt Bonn wieder zu aktivieren, denn ansonsten wäre das Vereinsvermögen bis heute schon längst aufgebraucht. Dazu gehör-ten auch einschneidende Sparmaßnahmen intern und Streichungen so mancher Spesen usw., was weiß Gott nicht immer nur auf Zuspruch bei den Mitgliedern stieß, aber doch unumgänglich war. Die oft sehr schwierigen Verhandlungen mit der Kommune finanzielle Unterstützung zu bekommen, kamen erschwerend hinzu, gelangen uns aber recht gut, werden aber leider heute besonders im Rhein-Sieg-Kreis immer schwieriger.
Weitere wichtige Maßnahmen waren dann der Umzug in ein neues Vereinsbüro und die komplette Umstrukturierung der dortigen Arbeitsabläufe. Zwei notwen-dige weitere Umzüge folgten.
Im September 1995 rief ich dann das Infotelefon ins Leben (02 28-69 22 01), um noch schneller als nur durch ein Rundschreiben die neusten Nachrichten an unsere Mitglieder zu bringen. Außer Vereinsmeldungen kann man hier bis heute ebenfalls Infos aus dem Stadtgeschehen und Wichtiges von den Stadtwerken hören.
In dieser Zeit bot der Verein auch einen Computerkurs speziell für unseren Personenkreis an. Daraus ergab sich dann Ende der neunziger Jahre der heutige Techniktreff, dessen Ansprechpartner und Organisator ich bis jetzt ununterbrochen bin. Diese Angebote waren damals bundesweit einzigartig, und erst viel später folgten dann andere Vereine diesen Ideen.
1996 galt es, die 75-Jahr-Feier des Vereins zu organisieren; diese war sehr öffentlichkeitswirksam, mit Bärbel Dieckmann war die damalige Oberbürger-meisterin der Bundesstadt Bonn anwesend und die Veranstaltung wurde von Funk und Fernsehen begleitet.
Im Jahre 2002 vergrößerte sich unser Verein um ein Vielfaches. Da der Sieg-burger Verein keinen Vorstand mehr stellen konnte, schloss dieser sich dann unserem Verein an und so verlängerte sich der Name dann als heute bekannter BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V., inzwischen sind auch die Mitglieder aus dem Kreis Euskirchen zu uns gestoßen. Dadurch kam noch sehr viel mehr Arbeit auf den Vorstand zu.
Von 2004 bis 2009 übernahm ich dann noch zusätzlich das Amt des stellvertre-tenden Vorsitzenden im Landesverband Nordrhein.
Ein ganz wichtiger Baustein meiner Arbeit als Vorsitzender war schon immer die Mitgliederassistenz. Wieder durch hartes Verhandeln mit den Kommunen Bonn und Rhein-Sieg erkämpften wir Zuschüsse für entsprechende Stellen, so dass wir nun bereits über 20 Jahre unseren Hausbesuchsdienst für die Mitglieder in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis aufrechterhalten können. Auch dieser Service ist im Vereinsgebiet bisher einmalig. Vereinzelte Erbschaften belohnten uns manchmal für unser Wirken im Verein.
Wichtig war es mir, viele Ehrenamtler außerhalb des Vorstands zu gewinnen, um die Vereinsarbeit noch effektiver gestalten zu können. Dieser glückliche Umstand bescherte uns bis dato einen stetigen Mitgliederzuwachs (zur Zeit über 300 Mitglieder). Bis heute können wir durch all diese Anstrengungen auf eine sehr gut mitarbeitende Geschäftsstelle zurückgreifen. Diese hat sich durch den Ausbau der Mitarbeiter/innen von ehemals 2 geringfügig Beschäftigten, zu einer Wirkungsstätte mit einer Mitarbeiterin im Sozialdienst und einer weiteren Arbeitsstelle im Bürodienst gewandelt.
Sehr viel Wert legte ich natürlich darauf, dass unser Verein als etablierte Selbsthilfeorganisation in den Gremien der Kommunen und auch bei den Stadt-werken stets präsent ist, und somit Einfluss auf so manche wichtigen Entscheidungen hat.
Im Jahre 2022 habe ich nun dieses schöne Ehrenamt 27 Jahre inne, was bisher in der Bonner Vereinsgeschichte als einzigartige Leistung bezeichnet werden darf. Aber gerade Kontinuität und Stabilität in einem Verein halte ich für ein sehr nachhaltiges Kriterium. Ich durfte mit sehr vielen Vorständlern und Angestellten arbeiten, und glauben Sie mir, dies war nicht immer ganz einfach!
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Alt-Text: General Anzeiger Artikel: "Verdienstkreuz für viele Jahre Engagement", Foto OB Jürgen Nimptsch mit Manuela und Robert Landsberg und den Führhunden Gwendy und Squonto
Rückblickend überwiegen aber deutlich die positiven Dinge, die ich dabei erfahren und erleben durfte, denn ich habe durch diese Vorstandsarbeit auch sehr viele interessante Menschen kennengelernt. So erfüllt es mich auch ein wenig mit Stolz, dass meine Frau und ich im April 2012 im alten Rathaus Bonn das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland am Bande erhielten. Hierbei begleiteten uns unsere damaligen Blindenführhunde Gwendy und Squonto. Häufig werde ich inzwischen auch zu Jubiläen und Festen anderer Organisationen eingeladen, um dort eine entsprechende Rede zu halten, was ich sehr gerne und erfolgreich tue.
Was bedeutet das alles nun für die Zukunft?
Ich möchte und werde auch nicht Vorsitzender auf Lebenszeit sein, was mir einige Mitglieder schon mehr oder weniger scherzhaft angedeutet haben.
So wird es in der nächsten Zeit nach unserem großen Selbsthilfetag im Mai 2022 immens wichtig sein, motivierte und engagierte jüngere Ehrenamtler zu finden, die unseren Verein weiterhin in sicherem Fahrwasser halten können. Vielleicht muss man aber künftig auch diese Ämter semiprofessionell ausüben lassen, um genügend Bereitwillige längerfristig binden zu können.
Mit dieser Gewissheit könnte ich dann mein so langjähriges Wirken als Vorsitzender beruhigt beenden.
von Sabine Franke
„Junge Frau, wie kommen Sie eigentlich zum Blindenverein?“ Das geht doch runter wie Öl, dass ich als junge Frau betitelt werde. Wo ich doch schon 51 Jahre alt bin, mit dem entsprechenden Rucksack an Lebenserfahrung. Und an dieser Stelle verbindet sich die vermeintlich „junge Frau“ mit dem zweiten Teil der Frage: „Wie kommen Sie eigentlich zum Blindenverein?“.
Mein Sohn ist von Geburt an blind und wir hatten schon sehr früh Kontakt mit dem Blindenverein. Manuela Landsberg hat uns damals unterstützt, Kontakte zu anderen Familien hergestellt und einen Schwimmkurs organisiert. Inzwi-schen ist mein Sohn 21, und während er immer größer wurde, sammelte ich einen Schatz an Erfahrungen, besuchte Elternfortbildungen und Rechts-seminare, schlug mich mit Behörden und Ämtern rum, um Ansprüche meines Sohnes durchzusetzen.
Vor sechs Jahren fragte mich Manuela, ob ich mir vorstellen könne, für den BSV tätig zu sein. Da mich das Thema Selbsthilfe sehr interessierte, zumal ich selbst erfahren habe, wie wichtig sie ist, habe ich mit wenigen Stunden pro Monat angefangen und war zunächst in der Begleitung tätig und habe Jutta Ueberberg unterstützt. Parallel habe ich mehrere Fortbildungen z. B. im Sozialrecht besucht. Ich war von Anfang an beeindruckt mit welchem persön-lichen Einsatz und Engagement der ehrenamtliche Vorstand, die anderen ehrenamtlich Tätigen und die Mitarbeiter agierten.
Meine Stunden wurden mit der Zeit mehr und vor drei Jahren habe ich die Aufgaben von Jutta übernommen, als diese in den Ruhestand ging. Von hier an habe ich gemeinsam mit Christianna Odenbrett die Geschäftsstelle besetzt. Christianna als Ansprechpartnerin für alle Verwaltungsangelegenheiten und ich für die Sozialberatung und Begleitung im Stadtgebiet Bonn, im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis bis hin nach Euskirchen. Es war eine schöne gemeinsame Zeit, die im letzten Jahr endete, da Christianna nach acht Jahren Mitarbeit im BSV aus privaten Gründen ihre Stelle aufgab. Ein kleiner Trost ist, dass sie dem Verein erhalten bleibt und bestimmt auf der einen oder anderen Veran-staltung dabei ist.
In derselben Zeit, ja es war ein Jahr voller Veränderungen, mussten wir unser Büro in der Thomas-Mann-Straße räumen und zogen um nach Beuel.
Mit dem Umzug kam erfreulicherweise Andreas Müller, der mit 59 Jahren neue berufliche Herausforderungen suchte und übernahm die Arbeit von Frau Odenbrett.
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Alt-Text: Foto von Sabine Franke und Andreas Müller, die beiden Mitarbeiter der Geschäftsstelle des BSV
Wer nun in der Geschäftsstelle anruft oder vorbeikommt kriegt es in der Regel mit Herrn Müller oder mir zu tun.
Die neue Geschäftsstelle liegt am Konrad-Adenauer-Platz, gut erreichbar mit Bus und Bahn und nahezu barrierefrei bis auf zwei Stufen.
Alle diejenigen, denen der Rhein eine magische Grenze scheint, seien ermutigt sich auf die schäl Sick zu wagen, Beuel hat neben mehr Sonnenstunden im Jahr, einige nette Geschäfte und Einkehrmöglichkeiten aufzuweisen. Und jetzt sogar den BSV.
Und alle die, die sich noch weiter wagen, nämlich in den rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, werden auf meine Kollegin Lydia Henk treffen, die hier die Beratung und Begleitung durchführt. Sie ist seit ca. 18 Jahren für den BSV tätig, fährt viele hundert Kilometer im Jahr, um die weit verstreuten Mitglieder des Vereins zu betreuen oder Betroffene und deren Angehörige zu beraten. Sie hat die Selbsthilfetreffen in Siegburg gemeinsam mit ihrem Mann Rolf Henk, der selbst betroffen war, aufgebaut. Leider ist Rolf im Februar dieses Jahres verstorben. Wir werden ihn sehr vermissen.
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Alt-Text: Portraitfoto von Dorothee Kern-Ritter, Mitarbeiterin im mobilen Dienst des BSV
Eine weitere Mitarbeiterin des Vereins ist Dorothee Kern-Ritter (55 Jahre). Sie ist seit mehreren Jahren mit monatlich 10 Stunden im mobilen Dienst unterwegs, hauptsächlich im Bonner Stadtgebiet und rechtsrheini-schen Rhein-Sieg-Kreis und Bornheim. Sie hört zu, begleitet und unterstützt, wenn Hilfe nötig ist, auch mal in der Geschäftsstelle.
Die Geschäftsstelle hat ein buntes Potpourri an Aufgaben inne: wir unterstützen den Vorstand, sind sehende Assistenz, übernehmen Verwaltungsaufgaben, Buchführung, Büroorganisation, Veranstaltungsplanung, Beratung, Begleitung, Vernetzung… und das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich und interessant. Langweilig wird es jedenfalls nie!
Wir sind alle in Teilzeit für den Verein tätig und wir alle haben gemeinsam, dass wir Angehörige haben, die von Blindheit oder Sehbehinderung betroffen sind. Daher liegt uns die Arbeit sehr am Herzen. Wir wissen, welchen Stellenwert die Selbsthilfe einnimmt und was ein Schicksalsschlag im Leben bedeuten kann.
Wir sind immer wieder berührt von dem Vertrauen, dass uns entgegengebracht wird und hoffen auf dem Weg zurück in die Selbstständigkeit einen Beitrag zu leisten.
Ich selbst habe in den letzten Jahren von all den Menschen, die hierher kommen viel gelernt. Es ist ein gegenseitiges Nehmen und Geben und auch Weitergeben.
Auf viele weitere gute gemeinsame Gespräche, Begegnungen, Veranstaltungen und Erlebnisse!!
von Jutta Ueberberg
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Alt-Text: Portraitfoto von Jutta Ueberberg, ehemalige Mitarbeiterin im Vereinsbüro des BSV
Begonnen habe ich beim BSV am 01.11.2002 als Halbtagskraft. Ich trat die Nachfolge von Dorothee Blasum und Ilse Godthardt an, die lange Jahre für den Verein tätig waren und in ihren wohlverdienten Ruhestand gingen.
Zuvor hatte ich bei der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) in Siegburg meine Ausbildung als Angestellte im Bürodienst erfolgreich beendet.
Ich begann meine Arbeit damals noch im alten Büro in der Noeggerathstraße in Bonn. Sie bestand in den ersten Jahren aus diversen administrativen Aufgaben, von denen mir besonders die Organisation von Veranstaltungen vom Museumsbesuch bis zu Grillfest und Weihnachtsfeier gut gefallen haben.
Nach dem Umzug des Vereinsbüros im Jahre 2007
in die Thomas-Mann-
Straße 58 hatten wir endlich größere
Räumlichkeiten zur Verfügung. Die neue Geschäftsstelle
war sehr zentral an den Bus und Straßenbahn Haltestellen
gelegen und hat sich zu einer guten Anlaufstelle für den Verein
entwickelt. Die Besuche in der Geschäftsstelle und die
telefonischen Beratungsgespräche betroffener Personen nahmen
stetig zu, so dass der Verein ab Mai 2008 eine Sozialpädagogin
einstellen konnte, deren Finanzierung von der Stadt Bonn übernommen
wurde.
Ich habe mir in dieser Zeit durch meine Anwesenheit bei Beratungen einiges an Wissen aneignen können, was für die stellvertretende Beratungstätigkeit sehr wertvoll war. Im Oktober 2012 wurde die Stelle der Sozialpädagogin an mich übergeben.
Ich war von diesem Zeitpunkt an nur noch für die Betreuung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern zuständig. Meine bisherigen Tätigkeiten wurden von der neu eingestellten Kollegin Christianna Odenbrett übernommen.
Ich habe z.B. Menschen über die weitere Vorgehensweise beraten, was zu beantragen ist, welche Unterstützung Ihnen zusteht und dann beim Ausfüllen von Anträgen geholfen. Begleitung bei Behördengängen, zu Kliniken oder Hausärzten gehörten ebenfalls zu meinen Tätigkeiten. Wer den Aufenthalt in Kliniken kennt, weiß, was für ein Hürdenlauf es ist, bis man alles ausgefüllt hat, die Voruntersuchungen überstanden hat, und dann endlich in seinem Zimmer auch noch weiß, wo befinden sich meine persönlichen Sachen und wo ist mein Schrank.
Wichtig war für mich, dass die Betroffenen und auch ihre Angehörigen, die zum Beratungsgespräch zu mir ins Büro kamen, oder die ich zu Hause aufsuchte, sich verstanden fühlten und einen Verein gefunden hatten, in dem sie sich wohl fühlen.
Für mich war es immer erstes Ziel, Personen, die mit ihren Sorgen zu mir kamen, ernst zu nehmen und ihnen zuzuhören. Danach haben wir gemeinsam versucht, Lösungen zu finden, indem ich ihnen einfache Hilfsmittel vorstellte oder auch Angehörigen Tipps gab, um die neue Situation besser zu verstehen. Sehr wertvoll waren auch die verschiedenen Simulationsbrillen, die den Sehenden einen Eindruck vermitteln, wie ihr Angehöriger jetzt sein Umfeld sieht.
Bei Hausbesuchen konnte ich das Umfeld des Betroffenen in Augenschein nehmen und wertvolle Tipps geben, wie z.B. Markierungen von Herd, Mikrowelle oder Waschmaschine. Auch über Stolperfallen in Form von Teppichen konnten wir reden.
Ein wichtiger Aspekt bei Sehbehinderung sind Kontraste wie z. B. farbige Tischsets oder ein Untersetzer unter dem Glas. Auch die farblosen Klebepunkte sind Gold wert. So zum Beispiel an der Haustürklingel oder am Briefkasten.
Im Oktober 2010 rief ich den Frauenstammtisch ins Leben. Er wurde zu einem Treffpunkt für ältere Damen, die nicht an unseren abendlichen Stammtischen teilnehmen und sich beim Kaffee in gemütlicher Runde austauschen können.
Die 16 Jahre Mitarbeit im BSV waren für mich eine sehr schöne Zeit.
Die Beratungstätigkeit hat mir in den sechs Jahren bis zu meinem Eintritt in den Ruhestand am 01.10.2018 sehr viel Freude gemacht. Ich war für Menschen da, die sich mir anvertrauten und meine Hilfe annahmen.
von Diana Klaus
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Alt-Text: Portraitfoto von Diana Klaus, ehrenamtliche Blickpunkt-Auge Beraterin
Diese Frage habe ich mir 2016 auch gestellt als ich das erste Mal davon gehört habe. Wenn man sich auf der Homepage von Blickpunkt-Auge (www.blickpunkt-auge.de) umschaut, erfährt man, dass es sich um ein Beratungsangebot des Zentralverbandes DBSV in Verbindung mit den Landesverbänden handelt.
Ich habe mir gedacht – Beratung – das könnte ich mir gut vorstellen. Aber können sich das auch andere mit mir vorstellen und passt das zu einer gelernten Buchhalterin? Zahlen und Excel waren bisher der Bereich, in dem ich mich auskannte und womit ich umzugehen wusste.
Ich bin selbst hochgradig sehbehindert und habe vor über 10 Jahren, als meine Sehverschlechterung massiver wurde, beim Besuch eines Stammtisches die Selbsthilfe kennengelernt.
Das Wissen und die Informationen, die mir andere Sehbehinderte mit den gleichen Problemen voraushatten, haben mir geholfen, mich mit meiner Behinderung besser auseinander setzen zu können. Ich konnte nach Empfehlung der Anderen die nächsten Schritte mit gutem Gewissen angehen, und ein Mobilitätstraining hat mich wieder zurück zur Selbständigkeit geführt.
Das, was ich erlebt hatte, wollte ich auch gerne an andere Menschen weitergeben, die in einer ähnlichen Situation wie ich stecken.
Da ich beruflich auch als Schwerbehindertenvertreterin tätig war, lag es nahe, dass ich dies nun auch für den BSV tun wollte.
Blickpunkt-Auge bildet nach einem festgelegten Konzept zu ehrenamtlichen Beratenden in der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe aus. Das sorgt für einen guten Qualitätsstandard und man kann sich während der Ausbildung mit Menschen aus anderen Vereinen vernetzen.
Bei den Seminaren wird sich mit Augenerkrankungen und Auswirkungen von Veränderungen auf den Menschen genauso beschäftigt, wie mit Hilfsmitteln und Möglichkeiten den Veränderungen zu begegnen.
Aber auch das Beraten selbst, wie führt man ein gutes Gespräch oder welche Probleme können auftreten, werden geübt.
Ich bin nun seit 2019 Teil einer für mich neuen Gemeinschaft, die z. B. in Nordrheinwestfalen ca. 100 ehrenamtliche Beratende umfasst. Und natürlich gibt es auch regelmäßige Weiterbildungen.
Meine Beratungen finden vorwiegend am Telefon oder nach Terminverein-barung auch persönlich statt. Die Gespräche (zumeist mit Angehörigen) ranken sich im Wesentlichen um Fragen zum Schwerbehindertenausweis, Blindengeld oder Pflege. Oft geht es auch um Alltagsbewältigung und Hilfsmittel.
Natürlich sprechen wir auch darüber, was unser Verein alles bietet und warum man Mitglied werden sollte.
Ehrenamtliche Beratung heißt Verantwortung für das Gesagte zu übernehmen, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Als Beraterin kann ich Hilfestellung durch Information oder auch mal Begleitung geben. Handeln müssen die Ratsuchenden dann allerdings selber.
Jeder Mensch muss Veränderungen erst einmal annehmen und diesen Prozess im eigenen Tempo durchleben. Gerade bei einer fortschreitenden Sehein-schränkung in späteren Lebensjahren, wie z.B. bei Altersabhängiger Makuladegeneration fällt es den Menschen oft schwer sich auf die vielen neuen Hilfsmittel einzulassen und sich noch einmal komplett umzustellen.
Unser Verein und die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe zeigen, dass man auch mit einer Sehbehinderung ein aktives und glückliches Leben führen kann. Ich als erste Blickpunkt-Auge-Beraterin im Vereinsgebiet Bonn/Rhein-Sieg hoffe, dass mir bald noch weitere Beratende folgen. Die Selbsthilfe lebt davon, dass engagierte Vereinsmitglieder ihr Wissen weitergeben, ob nun mit oder ohne Ausbildung.
von Eberhard Schuppius
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Alt-Text: Foto von Eberhard Schuppius, Mitglied des BSV
Der Erste, der mich auf meine beginnende Sehbehinderung hinwies, war ein chinesischer Arzt. Mein Dienstherr hatte mich in den Süden von China versetzt. Ich war damals knapp62 Jahre alt, und bemerkte, dass ich mit dem rechten Auge nicht mehr so richtig sehen konnte. Der Arzt untersuchte mich und sagte: „Sie werden nicht blind“. Dies war sicherlich als Beruhigung gedacht, bewirkte aber das Gegenteil.
Das Auswärtige Amt holte mich umgehend zur Bestätigung der Diagnose nach Deutschland und versetzte mich anschließend nach Frankreich, wo wir sprachlich weniger Mühe hatten als in China. Wie sich zeigte, litt ich unter der Altersabhängigen Makuladegeneration, eine bei älteren Menschen recht häufige Erkrankung. Man verliert die Fähigkeit, scharf zu sehen, kann aber weiterhin grobe Umrisse erkennen. Die meisten Erkrankten merken nicht viel davon bis vielleicht zum Alter von 80 oder 85 Jahren. Es gibt jedoch eine sehr schnell ablaufende Form, und die hatte mich erwischt. Dagegen werden Spritzen ins Auge gegeben, die bei mir nicht halfen.
Zunächst war eigentlich alles in Ordnung, denn mit dem linken Auge konnte ich weiterhin gut sehen. Allerdings fingen die Probleme rund zwei Jahre nach der ersten Diagnose auch dort an. Ab Anfang 2012, gut ein halbes Jahr später, konnte ich nicht mehr lesen und schreiben. Das letzte halbe Jahr habe ich, vor allem mit der Hilfe unserer Sekretärin überbrückt.
Dass mich die Situation sehr belastete, brauche ich nicht zu erklären. Besonders schwierig war, dass ich mir die weitere Entwicklung nicht recht vorstellen konnte. Würde ich als Pensionär, der ich ab Sommer 2012 war, nur noch am Fenster sitzen? Der Gedanke machte nicht fröhlich, und auch ein bisschen reizbar.
Heute, zehn Jahre nach dem Verlust der Schreib- und Lesefähigkeit, habe ich eine restliche Sehschärfe von nur noch 3% des Normalen, aber es geht mir deutlich besser.
Meine wichtigste Stütze war damals und ist noch heute meine Frau. Sie hat nicht nur die Entwicklung mitgetragen, sondern übernimmt aktiv meine Versorgung und Unterstützung. Das reicht vom Einkaufen und Kochen bis zur Betreuung des Hauses einschließlich der Heizungsanlage. Sie hilft mir nicht nur bei so banalen Dingen wie dem Wechseln von Batterien, da ich nicht mehr Plus- oder Minuspol erkennen kann, sondern gelegentlich auch beim Lösen von Knoten, die ich mit viel Geschick bei dem Versuch verursache, die Schuhbän-der zu öffnen, denn ich kann sie nur noch fühlen.
Ich habe natürlich von Anfang an versucht, noch ein Stück Selbständigkeit zu behalten. Nach Verlust meiner Lesefähigkeit habe ich mich aktiv daran gemacht, das Vorlesesystem meines Apple Computers zu erlernen, so wie man das auch unter Windows tun kann. Dies war mühsam. Heute kann ich mir dort die meisten Texte vorlesen lassen und auch Beiträge wie diesen selber schreiben. Ich kann Mails empfangen, schreiben und absenden. Dass dies eine sehr grundlegende Hilfe ist, brauche ich nicht zu erklären. Sehr wichtig für mein praktisches Leben ist daneben mein iPhone, das – wie auch Android-Geräte – mit einem integrierten Vorleseprogramm geliefert wird. Das Telefon mit seinen vielen nützlichen Apps ist für mich inzwischen ein unentbehrlicher Begleiter. Hörbücher beziehe ich aus einer der deutschsprachigen Hörbüchereien für Blinde und Sehbehinderte. Es ist hier nicht der Ort, die breite Palette der technischen Hilfsmittel darzustellen. Viele Anregungen verdanke ich dem Selbsthilfetreff für technisch Interessierte, den ich im BSV Bonn/Rhein-Sieg kennengelernt habe.
Natürlich bleiben noch Baustellen. Bis vor rund zwei Jahren konnte ich an Fuß-gängerampeln noch ungefähr erkennen, ob rot oder grün angezeigt wird. Dies wird schwieriger. Ein weiteres Problem, wenn auch weniger gewichtig, sind meine Schwierigkeiten, mir bekannte Personen zu erkennen. Personen, die auf mich zukommen, sehe ich in Umrissen, jedoch nicht ihre Gesichtszüge. Da hilft der weiße Stock, den ich inzwischen benutze, an meine Einschränkung zu er-innern. Hinweisschilder aller Art kann ich nur noch mit Hilfe einer App auf dem Handy lesen. Schon der Besuch von Toiletten in einem Restaurant stellt mich vor Probleme. Bushaltestellen mit vielen zeitgleichen Abfahrten vermeide ich.
Berufliche Pflichten habe ich als pensionierter Beamter nicht mehr. Dies und die Unterstützung durch meine Frau machen meine Lage trotz allem einigermaßen komfortabel. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass sich die Sehschärfe nicht noch deutlich verschlechtert.
Wie hatte doch der chinesische Arzt gesagt: „Blind werden Sie nicht“.
von Michael Plarre
Morgens sitzen Sie da, im Lehrgangsraum des Berufsförderungswerkes Düren, acht Rehabilitand*innen, oder mal mehr mal weniger, und dann kommt zu Ihnen ein Mann, der ihnen dem Umgang mit dem PC ohne Bildschirm vermit-teln will und - ach ja - diese Punktschrift will er ihnen auch noch beibringen. Der Mann, der da reinkommt und gut gelaunt grüßt, ist blind. Einigen von ihnen steht die Erblindung womöglich noch bevor, einige haben sie bereits erlebt. Und wie geht’s jetzt weiter? Geht es überhaupt weiter?
Das Ziel ist, die Blindenarbeitstechniken so weit zu beherrschen, dass sich im Anschluss an die Grundrehabilitation eine Ausbildung bzw. eine Integrations-maßnahme in den Beruf, anschließen kann. Hierzu sind die Ziele unterschied-lich definiert. Ist zum Beispiel die Ausbildung in einem Verwaltungsberuf angestrebt, entweder über den Lehrgang zum Verwaltungsfachangestellten oder über die Landesqualifikation für einen Verwaltungsberuf in einem Landesamt in NRW, so sollten die Rehabilitanden mindestens 60 Silben pro Minute Punktschrift zu lesen imstande sein. Für andere bürobezogene Ausbildungsgänge gelten 40 oder 30 Silben pro Minute. Das klingt nicht nach viel, aber ist doch sehr ambitioniert, wenn die Rehabilitanten über keinerlei Vorkenntnisse im Punktschriftlesen verfügen.
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Alt-Text: Hände die über eine Seite mit Brailleschrift gleiten und die Buchstaben ertasten
Wichtig ist die Schärfung der Sensibilität in den Fingerkuppen der Zeigefinger, die als Lesefinger genutzt werden. Dieses wahrhaftige Finger-spitzengefühl ist unterschiedlich ausgeprägt bzw. es entwickelt sich unterschiedlich beim Erwerb der Brailleschrift. Welche Faktoren spielen hierbei eine Rolle? Zuallererst der Ein-fluss von Mehrfacherkrankungen. Eine Diabetes zum Beispiel kann sich sehr auf nervliche Sensibilität und somit auf den Tastsinn auswir-ken. Des Weiteren kommt das Alter dazu, denn der Tastsinn jüngerer Menschen lässt sich im Regelfall schneller und besser auf die Feinheiten des Punktschriftlesens ein, als der von älteren Menschen. Doch auch diese können mit Engagement und Fleiß zum Ziel kommen. Und da ist noch die Beschaffenheit der Hände selbst, die auch eine Rolle spielt. Hin und wieder durchlaufen Teilnehmer die Grundreha, die zuvor im Baugewerbe tätig waren und täglich hart anpacken mussten. An diesen Stellen schützt sich der Körper häufig selbst, indem er Hornhaut bildet. Diese ist aber für die Punktschrift undurchdringlich, also ein Nachteil, der mit viel Training kompensiert werden muss.
Und so ist es nur ein schmaler Grat, der zum Ziel führt und er ist in der Regel ein Jahr lang. Schmal ist er, weil die Zielerreichung keine Abweichungen duldet. Die Rehabilitant*innen müssen „am Ball bleiben“ und das Ausbilder-team tut sein Mögliches, alle auf Kurs zu halten. Denn ein Jahr ist schnell vorbei und dann soll man die Punktschrift sowie den PC mit den wichtigsten Programmen nutzen können.
Das ich selbst seit Geburt vollblind bin, ist für die Begleitung unserer Grund-reha-Teilnehmer*innen mehrfach vorteilhaft. Ich kann selber die Brailleschrift lesen und zwar mit den Fingern, also so, wie ich es meinen Rehabilitant*innen vermitteln möchte, ich kann auch mit einem Screenreader und ohne Maus am PC arbeiten. Das Wichtigste ist jedoch, die Teilnehmenden gewinnen Vertrau-en, denn da kommt einer, der ist selber blind, der kann das ja auch.
Nicht selten werde ich gefragt: „Wie schnell lesen Sie eigentlich?“ „Das weiß ich nicht, mich stoppt ja keiner bei der Arbeit, Sie müssen‘s ja können“.
Immer wieder wird natürlich geschummelt und der Sehrest eingesetzt. Ob der blinde Ausbilder das merkt? Jemand der einen sehr kurzen Abstand braucht, um mit Augen die Punktschrift zu lesen, spricht entweder direkt gegen das bedruckte Blatt, was er sich vors Gesicht hält oder er beugt sich so tief über den Schreibtisch, dass es unmöglich ist, diese Schummelei nicht zu registrieren. Deshalb frage ich schon mal: „Sind die Fingerspitzen so müde, dass sie jetzt mit der Nasenspitze weiterlesen?
„Die Maus funktioniert ja gar nicht“. Mit diesem protestbeladenen Ausruf hat sich ein Teilnehmer in einem Internetkurs „beinahe“ verraten, denn natürlich soll die Maus gar nicht in die Hand genommen werden.
Es kommt eben darauf an, die Arbeitstechniken umzustellen, weshalb gerade in den Fächern PC- und Hilfsmittelschulung und Punktschrift, das Restseh-vermögen nicht eingesetzt werden soll. Doch auch hier findet Mancher einen erstaunlichen Ausweg: „Ich darf ja keine Großschrift nutzen, also fotografiere ich meinen Bildschirm mit dem Handy und ziehe mir das Bild auf dem Smartphone groß.“
Ich freue mich, wenn ich meinen Anteil daran habe, dass ein von Blindheit betroffener oder bedrohter Mensch wieder positiv in die Zukunft blickt, weil er eine Ausbildung erfolgreich durchlaufen hat, weil er im günstigsten Fall sogar eine Arbeitsstelle bekommen konnte. Die Dankbarkeit dieser Menschen ist eine Bezahlung, die in Euro nicht aufzuwiegen ist.
von Günther Wingender
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Alt-Text: Portraitfoto von Günther Wingender, ehemaliger stellverrtretender Vorsitzender des BSV
Nach dem Zusammenschluss der Vereine Bonn und Rhein-Sieg-Kreis zum heutigen Verein, wurde ich als Siegburger 2003 zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Dies hielten wir für besonders wichtig um auch die Interessen der ehemaligen Siegburger Mitglieder gut vertreten zu sehen. Ich, selbst wohnhaft in Siegburg Kaldauen, konnte so gut auch die Belange aus diesem Raum geltend machen. Das Amt bekleidete ich für die nächsten 12 Jahre.
Durch meine ständige Arbeit im Rhein-Sieg-Kreis in unterschiedlichen Gremien wurde ich 2016 Vorsitzender des Inklusionsfachbeirates im Rhein-Sieg-Kreis, dieses Amt habe ich bis heute inne. Auch arbeite ich noch gerne mit, wenn es um die Belange der Barrierefreiheit in der Stadt Siegburg geht.
Einige Jahre wirkte ich auch mit im Lenkungsausschuss für Inklusion in Sankt Augustin.
Darüber hinaus war ich 15 Jahre lang Leiter
der Führhundhalterfachgruppe des Blinden- und
Sehbehindertenverbandes Nordrhein e.V. Gerade die Belange
der
Vierbeiner liegen mir als Führhundhalter sehr am Herzen. Im
Jahre 2001 fand das bundesweite Führhundhaltertreffen in Bonn
statt. Ich sorgte dafür, dass viele Führhundhalter im
Verein sich aktiv beteiligten. Immer wieder ist es schwierig die
Belange für die Blindenführhundgespanne durchzusetzen.
Sehr gerne gehen ich und meine Frau Anne dem Hobby des Schießens nach. Dabei wird nach Gehör ins Schwarze getroffen. Mehrmals haben wir auch bei der Deutschen Meisterschaft mitgewirkt und sind Deutsche Meister geworden.
Ich bin seit 15 Jahren Vertreter der blinden und sehbehinderten Schützinnen und Schützen im dortigen Vorstand. Der Blinden- und Sehbehindertenverein unterstützt diesen Sport auch finanziell.
von Monika Karpe
In einem Blindenverein bin ich schon seit meiner Jugendzeit, allerdings damals noch in den neuen Bundesländern.
1996 bin ich nach Bonn gezogen und freundlich in den hiesigen Verein aufgenommen worden.
Immer wieder bin ich darauf angesprochen worden, wie sich Blinde im Alltag, im Haushalt oder auf der Straße zurechtfinden. Da lag es nahe, meine Kenntnisse bei kleinen Vorträgen weiterzugeben.
Ich war in Grundschulen und auch in höheren Klassen, auch habe ich Studenten über unser Alltagsleben informiert. Es war immer sehr interessant, welche Fragen gestellt wurden, manchmal war es auch wirklich lustig.
Zum Beispiel ob wir uns allein anziehen können
und wie wir kochen, das konnten sich die Kinder überhaupt nicht
vorstellen. Als ich noch einen Blindenführhund hatte war die
Begeisterung riesig groß. Die Kinder waren sehr erstaunt, wie
mein Hund auf die Hörzeichen, die ich ihm sagte, reagierte.
Auch
die Brailleschrift hat den Kindern sehr gefallen. Sie durften dann
selber mit der Punktschriftmaschine und der Schreibtafel schreiben
und das selbst Geschriebene mit nach Hause nehmen.
Meine Vorträge habe ich auch bei älteren Menschen in Altersheimen und Kirchengemeinden gehalten. Auch andere Vereinsmitglieder sind regelmäßig unterwegs, um verschiedensten Menschen das Blindsein zu erklären. Wir informieren auch in Schwesternschulen und Ausbildungsstätten der Altenhilfe. Gerade hier ist es wichtig, unsere Belange zu erläutern, denn gerade Menschen in Pflegeberufen werden immer wieder auf Blinde oder Sehbehinderte treffen und können so erfahren, wie wichtig für diesen Personenkreis das Kommunizieren mit Worten ist.
von Manuela Landsberg
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Alt-Text: Foto der Blindenführhündin Alex im Führgeschirr
Obwohl für mich persönlich der Blindenführhund als bestes Hilfsmittel für blinde Menschen gilt, besitzen nur etwa 1-2% aller Blinden in Deutschland einen solchen, speziell ausgebildeten Assistenzhund.
Bei uns im Verein haben wir allerdings einen hohen Anteil an Blindenführ-hundhalter*innen, mit ganz unterschiedlichen Rassen.
Im Laufe seiner 9 bis 12 monatigen Ausbildung erlernt der Hund etwa 40 verschiedene Hörzeichen. Er sucht wunschgemäß nach Zebrastreifen, Türen, Treppen, Bushaltestellen, freien Sitzplätzen und vielem mehr. Er erkennt sogar Hindernisse, die für den Geführten eine Gefahr darstellen würden. Damit diese Fähigkeiten nicht abhanden kommen, muss das Herrchen regelmäßig mit dem Vierbeiner trainieren.
Neben den verschiedenen akustischen Signalen wird dem Tier interessanter-weise auch „intelligenter Ungehorsam“ beigebracht. Gibt das Herrchen beispielsweise den Befehl die Straße zu überqueren und der Hund sieht in dem Moment eine Gefahr durch ein sich näherndes Auto, so verweigert er den Befehl um den Geführten zu schützen.
Entgegen der weit verbreiteten Annahme, es könnten nur wenige, spezielle Hunderassen zum Blindenführhund ausgebildet werden, ist die Eignung viel mehr vom Wesen des Hundes abhängig. Der Hund sollte allerdings kein großes Aggressionspotenzial aufweisen. Die einzige körperliche Bedingung ist eine Schulterhöhe von mindestens 55 cm. Labradore, Golden Retriever, Schäfer-hunde, Königspudel aber auch Riesenschnauzer oder Berner Sennenhunde eignen sich besonders gut.
Der Führhund unterscheidet zwischen Dienst und Freizeit. Wenn ihm das Geschirr angelegt wird, weiß er, dass sein Dienst beginnt. Ab jetzt muss er auf seine eigenen Bedürfnisse verzichten können und darf sich nicht durch andere Artgenossen oder durch Verkehr und Lärm ablenken lassen. Sobald er sein Herrchen durch den Tag geführt hat, wird sein Dienst durch ein großes Lob und eine Belohnung beendet. Zu Hause angekommen nimmt das Herrchen das Geschirr ab und signalisiert so dem Tier, dass seine Freizeit begonnen hat.
Wichtig ist, dass der Hund noch genug Auslauf und Kontakt zu anderen Hunden hat. Deshalb treffen sich unsere Blindenfürhundhalter*innen regelmäßig zum Austausch und zum Hundespiel. Auch sind sie sehr aktiv in der Fachgruppe der Führhundhalter des BSV-Nordrhein e.V.
von Manuela Landsberg
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Alt-Text: Portraitfoto von Manuela Landsberg, Vorstandsmitglied des BSV
Wenn man an „Barrierefreies Bauen“ denkt, haben viele Menschen als erstes die Belange von Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind im Kopf. Das es darüber hinaus noch viele andere Einschränkungen in der Mobilität gibt wird häufig vergessen.
Als ich vor 27 Jahren mit der Aufgabe betraut wurde, mich um diese Belange zu kümmern, gab mir mein Vorgänger einen Satz mit auf dem Weg, den ich bis heute beherzige:
„Man kommt durch eine Tür in einen Raum, trägt seine Belange vor, hofft das diese Berücksichtigung finden, dann geht man hinaus, und kommt wiederum durch die Tür in den Raum, um dann erneut die Belange vorzubringen, weil man erkennen musste, dass diese gar nicht oder nur zum Teil beachtet wurden.“
Dieser Satz begleitet mich über all die Jahre und hat sich oft mehr als bewahrheitet. Um nur ein Beispiel zu nennen. Das WCCB in Bonn wurde neu gebaut. 2002 habe ich die Baupläne im Gremium auf Barrierefreiheit überarbeitet. Als es dann gebaut wurde, wurde nichts davon umgesetzt. Als das Gebäude fertig war, musste dann erneut alles überarbeitet werden und für viel Geld nachgerüstet werden.
In Bonn sind wir in der glücklichen Lage, dass alle paar Wochen Zusammen-künfte mit den Stadtwerken, dem Tiefbau-, Planungsamt und je nach dem um welches Thema es geht, anderen Ämtern der Stadt Bonn stattfinden, um sich über Probleme, geplante Maßnahmen und Neubauten auszutauschen. Dabei müssen auch Kompromisse zwischen den Bedürfnissen der einzelnen Arten von Behinderung getroffen werden. Für Menschen, die einen Rollstuhl oder einen Rollator nutzen, wäre eine Nullabsenkung der Bordsteine am besten, für blinde Menschen, würde dies aber bedeuten, dass sie auf die Fahrbahn geraten könnten, weil sie keine erkennbare Abgrenzung mehr zur Straße haben.
Darum haben wir uns auf 3 cm Bordsteinhöhegeeinigt. Genauso wichtig ist eine klare Abgrenzung zum Radweg.
Vieles wurde inzwischen erreicht und umgesetzt. Die Ansagen im Bus, unsere Anforderung beim Bau von Kreisverkehren, Schulgebäuden und Museen und vieles Mehr. Nicht zu vergessen sind viele Bauvorhaben auch im Rhein-Sieg-Kreis. Dort kommen einzelne Kommunen, wie z.B. Bad Honnef, Hennef, Sankt Augustin, Niederkassel oder Siegburg auf uns zu, um Barrieren abzubauen.
Ich möchte hier betonen, dass diese umfangreiche Arbeit nicht von mir alleine zu schaffen ist. In den vielen Jahren wurde ich unterstützt durch die Mitarbeit von Vorstandskolleg*innen, aber auch immer wieder von Mitgliedern aus unseren Reihen.
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass dies so bleibt, damit wir vielleicht irgendwann einmal in einer für uns alle barrierefreien Umgebung leben können.
von Marco Mers
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Alt-Text: Bild von Marco Mers, Stellvertretender Vorsitzender des BSV
Das Jahr 2010 bescherte mir eine Arbeitsstelle bei der Bundesnetzagentur in Bonn. Damit stand mein Leben plötzlich Kopf: Ich würde mein gewohntes räumliches und soziales Lebensumfeld in Hannover verlassen und mich am Rhein niederlassen.
Einer meiner ersten Gedanken war: Wo bin ich gelandet? Was befindet sich um mich herum? Wie komme ich zur Arbeit, zum Bahnhof, zum Supermarkt und natürlich sonst überall hin.
Die logische Antwort für einen vollblinden Menschen: Zu Fuß, per Bus oder per Bahn und manchmal auch per Taxi.
Kaum hielt ich die Schlüssel zu meiner Wohnung in der Hand, verbrachte ich unter tatkräftiger Mithilfe meiner Eltern die ersten Möbel in mein neues Domizil. Danach wollte ich wieder nach Hannover fahren und probierte gleich den ÖPNV der Stadtwerke Bonn aus. Von der Haltestelle Bernkasteler Straße in Friesdorf nahm ich die Buslinie 612 in Richtung Dottendorf und schon hatte ich die erste Frage: Wenn ich schon umsteigen muss, tue ich dies am Quirinus-platz oder am Hindenburgplatz. Der Busfahrer gab mir sofort bereitwillig Auskunft: „Steigen Sie am Quirinusplatz um, das ist leichter. Sie steigen aus, ich fahre weiter, die Straßenbahn fährt vor und Sie steigen ein.“
Im Jahr 2010 waren am Hindenburgplatz die Haltestellen von Bus und Straßenbahn noch nicht am selben Punkt, so dass eine stark befahrene Straße ohne Überquerungshilfe zu überqueren gewesen wäre.
Beruhigt stellte ich fest, dass die Haltestellen immer deutlich per Bandansage mitgeteilt wurden. Zwar war dies zumeist auch in den Stadtbahnlinien 16 und 63, die ich regelmäßig für meinen Arbeitsweg nutze, der Fall, hier gab es aber hin und wieder Ausnahmen. Gut, wenn man die Strecke dann aus dem „FF“ kennt. Dafür wurden zumeist auch an den Bahnstationen die Linien mit Fahrziel angesagt. Sehr selten erfolgte keine Ansage. Manchmal hörte ich dann aber auch die Ansage „bitte Zugbeschilderung beachten“. OK, ich tu’s so gut ich kann, also gar nicht!
Einmal lud mich eine Arbeitskollegin ein, sie und
ihren Mann in eine Gaststätte in Plittersdorf zu einem kleinen
Konzert zu begleiten. „Zur alten Post“, so
hieß
das Lokal. „Können wir uns dort bei der nächstgelegenen
Bushaltestelle treffen?“ Meine Kollegin bejahte dies und nannte
mir die Haltestelle „Steinhaus“.
Mein Fahrweg, den ich im Internet rausgesucht hatte, sah einen Umstieg an der Kennedy-Allee von der Linie 631 in die 611 vor. Also fragte ich im ersten Bus den Fahrer, ob ich an der Kennedy-Allee an derselben Haltestelle stehen bleiben oder einen anderen Haltepunkt aufsuchen müsse. Der Fahrer sagte, dass die 611 woanders halte und da müsse man die Kreuzung gleich zweifach überqueren. Irgendwann kurz vor Erreichen der Haltestelle sagte er mir: „Ich lasse Sie hier raus, dann brauchen Sie nicht über die Kreuzung. Gehen Sie nach vorne, an der Ampel rechts ab und da ist die richtige Haltestelle.“ „Klasse Service für Neulinge“, dachte ich. An der Haltestelle wartete ich recht lange. Irgendwann fragte ich andere wartende Fahrgäste nach der Linie 611 in Richtung Heiderhof. „Oh je, da sin’se falsch!“ Ich müsse zurück zur Ampel, dort die Straße nach rechts überqueren und dann der links von mir liegenden Kennedy-Allee etwa 15 Meter folgen. Dort sei die richtige Haltestelle. Das stimmte dann aber und mit etwa 20 Minuten Verspätung kam ich am Steinhaus an, wo meine Kollegin mich gleich in Empfang nahm.
Eines Abends stand ich an der Bushaltestelle „Bad Godesberg Bahnhof Löbe-straße“, um mit der Linie 612 nach Hause zu fahren. Ein Bus fuhr vor; auf Nachfrage erfuhr ich, dass es nicht meiner war. Das Prozedere wiederholte sich ein paar Mal, bevor jemand zu mir sagte: „Sie wollen doch mit dem 612er fahren, der steht weiter hinten als übernächster Bus.“ O Ha! Ob ich den noch erwischen würde bei den vielen Laternen- und Schildermasten und außer mir waren ja auch noch andere unterwegs, die es eilig hatten, wohl aus ähnlichen Gründen. Nur Jogging auf einem Dachboden voll Gerümpel ist schöner! Schließlich und endlich habe ich meinen Bus erreicht. Zwar hatte ich vorher schon von Mitgliedern unseres Vereins gehört, die Busfahrer hätten an derart langgezogenen „Kilometerhaltestellen“ eine Dienstanweisung, vorne nochmals anzuhalten, wenn dort ein ersichtlich blinder oder sehbehinderter Fahrgast steht, doch wusste ich inzwischen, dass dies nicht unbedingt klappt. Eine grüne Ampel, die droht, gleich wieder auf Rot umzuschalten, ist nur allzu verlockend zum Durchrauschen.
Der Umstand, dass unser Verein stets an der barrierefreien Umgestaltung von Bus- und Bahnhaltestellen aktiv mitwirkt, hat sich für mich schon mehrfach ausgezahlt. So enden meine kleinen und großen Wanderungen – Teils in Gesellschaft, Teils allein – gelegentlich an mir unbekannten Orten und dann denke ich, jetzt wäre ein Bus für eine Rückfahrt ideal. Über verschiedene Navigations-Apps und die Auskunft ortskundiger Leute komme ich einer Haltestelle immer recht nahe. Doch wo ist sie nun exakt? Die Antwort geben mir zunehmend häufiger angebrachte Leitlinien nah der Bordsteinkante im Bereich einer Haltestelle. Nicht alle Haltestellen verfügen über ein Warte-häuschen, dass ich akustisch ausmachen könnte, und wo sich das Haltestellen-schild befindet, kann ich häufig nicht sofort feststellen. An einer entsprechen-den Leitlinie am erhöhten Bordstein angekommen weiß ich aber sicher, ich stehe zumindest im Haltebereich des Busses.
Mit Beginn der Corona-Pandemie veränderten sich gerade für blinde und sehbehinderte Menschen die Gegebenheiten bei der Nutzung von Stadtbussen. Da niemand mehr vorne ein- oder aussteigen durfte, wurde unserem Verein durch die Stadtwerke eine Dienstanweisung an alle Fahrer mitgeteilt, nach der diese über die Außenlautsprecher des Busses die Liniennummer und das Fahrziel ansagen sollten, wenn ein blinder oder sehbehinderter Fahrgast an der Haltestelle einen Arm mit geballter Faust nach oben streckt. Nach meinem Kenntnisstand ist es zur Ausführung dieser Dienstanweisung nie gekommen. Ich habe es umso häufiger erlebt, dass die Fahrer beim Eintreffen die vordere Tür geöffnet und die Liniennummer ganz normal – gewissermaßen „unplugged“ – genannt haben. Dann wurde ich gebeten, zum Einstieg die nächstgelegene Tür zu benutzen.
Wenn’s mal nicht geklappt hat, bin ich durch die mittlere Tür eingestiegen und habe – in der Tür stehend – nach der Liniennummer gefragt. Wer in geöffneter Bustür stehenbleibt, bekommt auch eine Antwort!
Fazit: Wichtig scheinen mir zwei Dinge: Eine kontinuierliche Schulung von Bus- und Bahnfahrern hinsichtlich der Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Fahrgäste unter Beteiligung unseres Vereins und die tatsächliche Nutzung des Bus- und Bahnangebots durch unseren Personenkreis.
Lasst uns nicht graue Theorie werden, sondern lebende Praxis bleiben. Na denn, gute Fahrt!
von Matthias Klaus
Da lauf ich also mit meinem Langstock vom Supermarkt nach Hause. Ich bin frohen Mutes, wahrscheinlich singe ich sogar ein Liedchen. Nun ist das ja so mit den Bürgersteigen. Es gibt einfache, breite, ohne was drauf, dann die mit den Laternenpfählen, Bushaltestellenschildern oder Bäumen, und immer mehr auch die mit den abgestellten Fahrrädern oder E-Rollern (was eine Plage!).
Wenn ich meine Wege kenne, weiß ich auch, wo ich mehr aufpassen muss und wo weniger. Aber manchmal ist die Konzentration einfach weg, schweifen die Gedanken ab, denn man kann wirklich super denken beim Laufen. Nur, kann man sich dann auch noch orientieren?
Ich also da so lang auf dieser Straße, und plötzlich, Boing! Trotz guter Lang-stocktechnik einen Laternenpfahl regelrecht übersehen. Ja, so nennt man das.
Während ich noch nachschaue, ja, auch das nennt man so, ob ich mich verletzt habe, gut ein ganz kleines bisschen Blut, aber hört schon wieder auf, und meine in Mitleidenschaft gezogene Brille wieder ein wenig geradebiege, höre ich, wie ein Auto links neben mir hält.
"Ist ihnen etwas passiert", fragt eine freundliche Dame. „Nöööö“, sage ich möglichst unbekümmert. "Ich war nur ein wenig unaufmerksam, geträumt, Sie wissen schon."
"Wo müssen Sie denn hin?" meint sie, "ich könnte Sie nach Hause fahren".
Diesen wahrscheinlich sehr nett gemeinten Vorschlag quittiere ich noch mit "das sah schlimmer aus, als es war", und dem obligatorischen "alles gut!"
Also weiter. Jetzt muss ich ja mal vorbildlich laufen, geht es mir beim ersten Schritt durch den Kopf. Beim zweiten Schritt denke ich, na geht ja, kann sie mal staunen, was wir Blinden so alles drauf haben, beim dritten Schritt, ähm, wieso ist die noch nicht weitergefahren, und beim vierten Schritt: Boing. Und diesmal ist die Brille echt richtig verbogen.
Doch was jetzt, echt peinlich. Ich rufe also nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung in die Richtung, wo ich zurecht das Auto der Dame vermute: „Tja, jetzt glauben Sie mir wohl gar nichts mehr. Das passiert mir normaler-weise nie“ und dann werde ich wohl noch ein paar Ausreden angefügt haben.
Diesmal tut der Kopf übrigens echt weh und die Frau weiß auch nicht mehr so richtig, was sie sagen soll. Am Ende ist sie weitergefahren, wahrscheinlich mindestens so hilflos wie ich selbst.
Und was lehrt uns das? Manchmal wissen wir selber nicht, ob wir Hilfe brauchen, und dass Menschen dann denken "die wollen sich ja gar nicht helfen lassen", ist eigentlich kein Wunder. Also: aufmerksam sein, konzentrieren, nicht träumen, Stocktechnik gut anwenden und Hilfe annehmen, auch wenn es manchmal peinlich ist. Und nie vergessen: Wir werden beobachtet.
von Hugo Ueberberg
Anfang 1975 haben wir uns mit 6 Personen zu einem gemütlichen Beisammen-sein in der Gaststätte „Zum Reichshof“ getroffen und hatten die Idee, ein regelmäßiges Treffen für interessierte Mitglieder des Blindenvereins aus dem Bad Godesberger Raum als Stammtisch zu gründen. Gesagt getan, und dieser Stammtisch war geboren und startete dann ab Mitte 1975 einmal monatlich, jeweils am ersten Donnerstag des Monats.
Den Godesberger Stammtisch (heute Selbsthilfetreff genannt) gibt es nun bereits seit mehr als 40 Jahren, und so lange betreue ich diesen auch schon. Es waren mit ca. 8 bis 10 Teilnehmern pro Treffen immer unterhaltsame Abende und der Gedankenaustausch kam selbstverständlich auch nicht zu kurz.
Leider konnte dieses Treffen nur 10 Jahre in der Gaststätte „Zum Reichshof“ stattfinden, da das Gebäude Mitte der 80er Jahre abgerissen wurde. Also blieb uns nichts anderes übrig, als einen neuen Ort zu suchen. Wir sind schnell fündig geworden und zogen in die „Wurzerstube“ in der Wurzerstraße 5.
Da auch diese Gaststätte nach ca. 10 Jahren geschlossen wurde, hieß es für unsere Teilnehmer wieder auf die Suche nach etwas Neuem zu gehen. In beide vorgenannten Lokale sind wir alle gerne gegangen, da wir ständig hervorragend und freundlich bedient wurden, und das Essen (deutsche Küche) war in beiden Lokalen spitze. Bei den allgemeinen Gesprächen konnte jeder Unterstützung im Hilfsmittelbereich erfahren und auch über Neuerungen bei Ampelanlagen usw. wurde diskutiert.
Unser neues Domizil, mitten im Bad Godesberger Kurpark gelegen, war die „Gaststätte Tennisclub Grün-Weiß“. Wir genossen hier die Gastfreundschaft einer ganzen Familie, von Eltern und Kindern von der Küche bis zur Bedienung. Ganz toll und total voll (bis zu 20 Personen) wurde es immer in den Sommer-monaten, wenn es hieß, es wird im Garten der Wirtschaft gegrillt. Dann wurde ein Betrag fürs Essen bezahlt und wir haben nicht nur einmal den Satz „Ihr habt euren Obolus noch nicht verzehrt“ gehört. Die Wirtsleute waren ständig guter Laune und immer sehr erfreut, wenn sich unsere Gruppe dort getroffen hat.
Wir hatten in dieser Zeit mindestens zweimal im Jahr Besuch von der Bezirksbürgermeisterin von Bad Godesberg, wo wir unsere Belange für den Raum Bad Godesberg anbringen konnten, was die Barrierefreiheit anging. Dann kam mal wieder der Tag, da uns mitgeteilt wurde, wir geben auf, haben aber Nachfolger. Diese hatten dann auch gleich einen festen Kundenstamm, da Sie uns übernehmen mussten. Einige Jahre später hieß es dann wieder Besitzerwechsel, aber wir blieben auch diesen Wirtsleuten treu, bis es 2016 hieß: „Dieses Haus wird geschlossen, um zu renovieren“.
Auch dieser Wechsel wurde schnell vollzogen und so heißt unsere neue Location seitdem „Restaurant Godesburger“ am Moltkeplatz 2, da man auch hier im Sommer sehr gut draußen sitzen kann. Das Lokal beschäftigt übrigens überwiegend behinderte Mitarbeiter.
Es nehmen auch heute an diesem Treffen 10 bis 12 Mitglieder des Vereins und deren Freunde teil. Wir hoffen, hier noch sehr lange verweilen zu dürfen, da es allen Beteiligten dort sehr gut gefällt.
von Manfred Winkler
Mitte der 90er Jahre nahm auch im privaten Bereich die Computerisierung deutlich zu. Blinde und sehbehinderte Menschen erkannten schnell die Vorteile, die ein PC mit sich bringt. Mit Hilfe geeigneter Software war es plötzlich möglich, selbständig seinen Kontostand von zu Hause aus abzufragen, im Briefkasten entdeckte Post selbst zu lesen oder einen Text mit Hilfe einer Textverarbeitung schnell zu erstellen und zu bearbeiten.
Dieser Umstand brachte mich damals auf die Idee, einen PC-Einsteigerkurs für unsere Vereinsmitglieder anzubieten, da ich auf Grund meiner Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann (Programmierer) die erforderlichen Kenntnisse besaß.
Das Angebot stieß auf großes Interesse. Ich erklärte den Mitgliedern beispiels-weise den Aufbau einer PC-Tastatur und wozu die Spezialtasten (z.B. Escape, Page down, Page up) dienen, welche unterschiedlichen Druckertypen es gibt und wozu ein Modem dient.
Nachdem der Kurs beendet war, kam die Idee und der Wunsch auf, sich regelmäßig zu treffen, um auch weiterhin Verständnisfragen im Bereich der PC-Technik klären zu können. Alle fanden die Idee gut und so wurde der Technikerstammtisch ins Leben gerufen.
Seitdem treffen sich technikinteressierte Mitglieder unseres Vereins immer am ersten Montag eines Monats, um über neue Entwicklungen auf dem Hilfsmittelmarkt oder neue Computer-Programme und deren Bedienung zu sprechen. Hin und wieder werden auch Hilfsmittelfirmen eingeladen, die dann ihr Sortiment, Ihr Schulungsangebot oder ein spezielles Hilfsmittel vorstellen. Solche Angebote finden immer besonders großes Interesse bei den Mitgliedern.
Häufig bringen auch Stammtischteilnehmer ein neu erworbenes Hilfsmittel mit, um es den anderen Teilnehmern vorzustellen. Auch dieses Angebot wird besonders gerne in Anspruch genommen. Zurzeit wird sehr oft über das iPhone diskutiert. Dieses Smartphone hat sich zum multifunktionalen Hilfsmittel für Blinde und sehbehinderte Menschen entwickelt. Mit dem iPhone lassen sich beispielsweise Fahrpläne selbständig lesen, Geldscheine prüfen oder Texte scannen. Natürlich liegt nicht bei jedem Treffen des Stammtischs ein festes Thema an. Dann wird sich in lockerer Runde über alles unterhalten, was gerade im Alltag von Interesse ist.
Viele Jahre lang hat sich der Technikerstammtisch im Gustav-Heinemann-Haus in Bonn Tannenbusch getroffen. Nachdem hier der Gastronomiebetrieb eingestellt wurde, war die Stadthalle in Bad Godesberg der neue Treffpunkt. Da die Stadthalle wegen Sanierung zurzeit nicht mehr zur Verfügung steht, musste erneut ein neues Domizil gesucht werden.
Wir freuen uns immer über neue Mitglieder, die den Technikerstammtisch besuchen. Deshalb bei Interesse bitte im Vereinsbüro melden und nach einem Ansprechpartner fragen. Informieren kann man sich aber auch auf der Homepage unseres Vereins.
von Matthias Klaus
Stammtisch, das klingt schon mal nach, hier treffen sich immer dieselben Leute am selben Ort und reden über immer denselben alten Kram.
Als wir im Frühjahr 2019 einen neuen Innenstadt-Stammtisch begonnen haben, wollten wir ein wenig Luft hereinlassen in alte Bräuche. Erste Ansage, der Stammtisch ist für Jeden der mag. Die Idee war einen monatlichen Treff für Jüngere zu veranstalten, doch Alter ist längst kein Kriterium mehr. Wir haben Besucher in jeder Altersklasse von 27 bis 84.
Dann war zweitens noch die Frage, wo machen wir das Ganze?
Ob es nun daran lag, dass wir uns einfach nicht für einen festen Ort entscheiden konnten, oder ob es Prinzip hatte, wissen wir heute gar nicht mehr. Doch es ist inzwischen Tradition, dass wir uns jedes Mal an einem anderen Ort treffen. Das hält jung, schließlich muss man regelmäßig einen neuen Weg finden, auch lernen viele Gastronomen in Bonn bei dieser Gelegenheit etwas über blinde Menschen in größeren Gruppen, und wenn es dem einen oder anderen mal nicht ganz so schmecken sollte, wir garantieren, dass die Speisekarte beim nächsten Termin auf jeden Fall neu ist.
Wir haben schon: mit 82jährigen Besucherinnen Cocktails getrunken, im Brauhaus zum Klavier Bläck Fööss-Klassiker geschmettert, im indischen Restaurant einem Geographiestudenten die Wahrheit über Raumorientierung blinder Menschen erläutert oder uns einfach mal darüber ausgetauscht, welche Hilfsmittel als besonders nützlich erlebt werden.
Schließlich heißen die Stammtische jetzt Selbsthilfetreffs und das nehmen wir durchaus ernst. Oft wird sich einfach nur nett unterhalten, aber es gibt auch tiefergehende Gespräche - Selbsthilfe eben.
Ca. 30 Lokale vom Bierhaus bis zum vietnamesischen Restaurant haben wir in der Bonner Innenstadt bereits besucht, auch in Beuel, unserer neuen Vereins-büroheimat waren wir schon, und wir sind längst nicht am Ende.
Alle die regelmäßig kommen, wissen, wir haben Spaß, und alle die den Selbst-hilfetreff Bonn Innenstadt noch nicht kennen, sind herzlich eingeladen. Wir freuen uns über Jeden und Jede.
Selbsthilfetreff Bonn Innenstadt, mehr Infos und Kontakt auf unserer Homepage unter ständige Termine.
von Hugo Ueberberg
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Alt-Text: Portraitfoto von Hugo Ueberberg, Vorstandsmitglied des BSV
Nach Erzählungen älterer Mitglieder fanden bis 1950 keine nennenswerten sportlichen Veranstaltungen statt. Ich konnte aber in zahlreichen Gesprächen erfahren, dass man in den 50er und 60er Jahren in Bonn in kleinen Gruppen bereits Skat und Schach gespielt hat. Gymnastik in der Halle wurde auch angeboten, allerdings nicht direkt durch den damaligen Blindenverein, sondern durch die Ver-sehrten-Sportgemeinschaft Bonn, an die sich der Verein mit einigen sportinteressierten Personen angeschlossen hatte.
In den 70er Jahren wurde das Angebot des Vereins dann erweitert. Es gab regelmäßig Gymnastik und Torball, auch wurde ab 1975 regelmäßig Skat und Schach gespielt. Daraus resultierte, dass mehrmals im Jahr Turniere im Skat und Schach mit umliegenden Vereinen ausgetragen werden konnten. Ab Mitte der 70er Jahre, immer montags, begannen einige ältere Damen des Vereins die Woche sportlich aktiv und trafen sich im Gymnastikraum des Gustav-Heinemann-Hauses (GHH).
Ergänzt wurden diese Aktivitäten jeden Mittwoch von 17:30 Uhr bis 18:30 Uhr durch ca. 15 bis 20 Mitglieder und deren Begleitungen mit Schwimmen in der für den BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V. reservierten Schwimmhalle des GHH.
Bevor die Schwimmer ins Wasser oder in die Sauna gingen, traf man sich ab 15.00 Uhr in der Teestube. Dieses Treffen wurde von Frau Käthe Paffenholz sehr engagiert und liebevoll betreut. Beim Schwimmen wurde in den letzten Jahren einmal monatlich Wassergymnastik durch die Übungsleiterin Bea Koller-Alan angeboten, was auch recht gut angenommen wurde.
1984 haben Ferdi Schäfer und Günter Spichalski innerhalb des BSV Bonn eine eigenständige Sportgruppe gegründet. Gymnastik und Torball wurde seitdem einmal wöchentlich dienstags in der Sporthalle des Helmholz-Gymnasiums in Bonn-Duisdorf angeboten.
Dies war alles nur möglich, da wir in der glücklichen Lage waren, gute Übungs-leiter wie anfänglich Uwe König, danach über längere Zeit Jürgen Landgrebe, in dieser Zeit fürs Torballspiel Rosi Thomas, anschließend für einige Jahre Walter Breuer und seit 2011 Jörg Gobsch zu haben.
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Alt-Text: Foto Hugo Ueberberg beim Fitnesstraining, er liegt auf einem Gerät auf dem Bauch
Die Leitung der Sportgruppe habe ich ab 2005 von Ferdi Schäfer übernommen.
2011 wurde innerhalb des BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V. die „Fachgruppe Reha Sport“ gegründet, in der die sportlichen Aktivitäten Gymnastik, Schwimmen, Kegeln und das Tischballtraining gebündelt wurden. Das Torballspiel musste mangels Interessenten leider eingestellt werden. Dafür gab es seit 2014 Tischball, engagiert geleitet von Harald Lott. Einige unserer Mitspieler konnten sich auch für die Landesmeisterschaft im Showdown qualifizieren und mittlere bis gute Plätze erringen.
Kegeln, auch ein Angebot unserer Sportgruppe gibt es jetzt fast seit 50 Jahren durchgängig. Zunächst kegelten wir im Gustav-Heinemann-Haus, zeitweise gab es sogar zwei Kegelklubs, die sich die Termine teilten. Ein bis zweimal im Jahr standen auch überregionale Kegelturniere im Kalender. Seit drei Jahrzehnten nehmen wir an der jährlich stattfindenden Landesmeisterschaft des BSV Nordrhein im Kegeln in Neuss teil. Schon zweimal konnte die Mannschaft aus Bonn den BSV Nordrhein bei der Deutschen Meisterschaft des DBSV vertreten.
Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass an der Breitensportveranstaltung des EBU-CUP in den letzten 15 Jahren in Bernried/Niederbayern jährlich 4-8 Mitglieder des Vereins erfolgreich in den Disziplinen Kegeln, Schwimmen, Schießen, Tischball, Skat und Kniffel teilnahmen. Es wurden meist die Plätze im oberen Drittel der Tabelle belegt.
Für mehr als 20 Jahre hatten wir im Verein auch eine Tandemgruppe in Verbindung mit dem ADFC, der uns einige Piloten für unsere Mitglieder stellte. Diese Touren fanden regelmäßig einmal monatlich, sonntags mit ca. 10 bis 12 Tandems, statt. Je nach Wetterlage wurden zwischen 30 und 70 Kilometer geradelt.
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Alt-Text: Foto aufgefächerte Spielkarten - 4 Buben
Auch im Skat sind wir aktiv. Seit 2004 treffen wir uns einmal monatlich in der Gaststätte „Akropolis“, in Sankt Augustin-Mülldorf. Viele Mitglieder des Vereins haben seit drei bis vier Jahrzehnten an mehreren bundesweiten Skatveranstaltungen wie Qualifikationsrunden zur Deutschen Einzel- und Mannschaftsmeisterschaft sowie am Marathonskat des DBSV teil-genommen. Erfreulicherweise wurden auch hier immer wieder Plätze im oberen Bereich der Tabelle belegt.
von Günter Wingender
Der Schütze müsse ein scharfes Auge haben, um über Kimme und Korn gute Treffer zu setzen, so hieß es bisher. Doch nun können auch Blinde und Sehbehinderte dem Schießsport nachgehen. Möglich macht es die Schützen-bruderschaft St. Servatius 1948 Siegburg-Zange für die Mitglieder des BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V.
Schützenvereine schaffen Plätze, an denen sich Menschen unterschiedlicher Berufe und Herkunft begegnen. Aber auch ihr soziales Engagement ist bekannt. So wurden Willi und Christine Holschbach von Jutta und Hugo Ueberberg sowie Anna-Luise und Günter Wingender vom Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg angesprochen, ob sie nicht auch Übungen und Wettbewerbe mit Blinden veranstalten könnten. "Wie soll das denn gehen?" lautete die erste Frage.
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Alt-Text: Foto Günther Wingender am Schießstand, er trägt Kopfhörer und zielt mit einem Gewehr
Die Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenvereins wussten Rat, hatten sie doch diese Sportart auf Veranstaltungen kennengelernt. Anstelle von Kimme und Korn könne man auf das Luftgewehr eine Optronic setzen, welche das Licht in verschieden hohe Töne umwandelt und dadurch den blinden Schützen ermöglicht, die variierende Lichtintensität mit dem Ohr zu erkennen.
Die Idee wurde umgesetzt. Der Blinden- und Sehbehindertenverein finanzierte die Zusatzgeräte, die Bruderschaft stellte zwei Luftgewehre und mehrere Trainer/innen zur Verfügung. Benötigt werden außerdem andere Schieß-scheiben. Statt ins Schwarze, trifft man auf diesen ins Weiße. Und so haben die St. Servatius-Schützen seit 2006 einige Mitglieder mehr, die einmal im Monat – meist montags - um 18:00 Uhr zur Schießanlage in die Kreisberufsschule kommen. „Mittlerweile treffen fast alle Blinden, die mit einem hohen Maß an Kondition und Körperbeherrschung zu Werke gehen, genauso gut die 10 wie die sehenden aktiven Schützen“, berichtet Christine Holschbach. Die guten Ergebnisse spornen nun nicht nur die Schützen, sondern auch die Trainer an. An der deutschen Meisterschaft haben unsere Schützen schon mit Erfolg teilgenommen. Mittlerweile findet sich der Eine oder Andere auch an den „normalen“ Trainingsabenden ein, was natürlich die Kommunikation Behinderter und Nichtbehinderter sehr fördert.
Sollte sich Jemand – egal, ob sehbehindert, blind oder „normal“ sehend – für den Schießsport in der Schützenbruderschaft interessieren, ist er oder sie jederzeit willkommen; den Kontakt vermittelt gerne unser Vereinsbüro oder unser Mitglied Günter Wingender.
von Hugo Ueberberg
Vor fast 50 Jahren hatten einige Mitglieder des Blindenvereins den Gedanken, dass es doch schön wäre, für die Mitglieder, deren Begleitungen, Familien-angehörigen und Freunde ein Grillfest zu veranstalten. Dies wurde in die Tat umgesetzt und keiner konnte damit rechnen, das es zu einer jährlich wiederkehrenden Veranstaltung werden würde.
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Alt-Text: Foto von Menschen beim Grillfest im Freien mit Getränken in den Händen
Das erste Fest fand auf einem großen Grillplatz in der Nähe des Bahnhof Kottenforst statt. Es kamen tatsächlich 40-50 Personen. Neben Steaks, Würstchen und Brötchen wurden auch alkoholische und nichtalkoholische Getränke angeboten. Dieses Treffen hat allen Teilnehmern von klein bis groß sehr viel Freude bereitet. Es fand ab sofort jährlich statt.
Nach ca. 15 Jahren mussten wir uns nach einem größeren Platz umsehen, da die Teilnehmerzahl von Jahr zu Jahr anstieg. Bei den „Grillfreunden Duisdorf“ wurden wir schließlich fündig. Hier hatten dann sowohl die Kinder als auch die mitgebrachten Führhunde reichlich Auslauf. Bei schönem Wetter hatten wir regelmäßig bis zu 100 Teilnehmer.
Es wurden interessante Gespräche geführt, aber auch gesungen und musiziert. Das Fest fand immer samstags statt, deshalb durften auch die Sportüber-tragungen für die Fußballfans nicht fehlen, die aus mitgebrachten Radios kamen.
Neben dem großen Grillfest gab es zeitweise auch jährlich ein „kleines Grillfest“ im Innenhof des Gustav- Heinemann- Hauses. Auch die Gymnastik- und Schwimmgruppe hatte zeitweise ihre eigenen Grillabende.
Beim großen Grillfest waren auch immer ehrenamtliche Helfer anwesend. So hatten wir die letzten 15 Jahre am Getränkeausschank das Ehepaar Mülln und am Grill Malte Teichmann, die alle bestens bewirtet haben.
Selbsthilfe steht natürlich auch beim Grillfest im Mittelpunkt. Gegenseitige Unterstützung und Weitergabe von Informationen und Erfahrungen bei Hilfsmitteln und im Alltag haben auch hier ihren Platz.
Wir hoffen, diese Veranstaltung nach Corona endlich wieder – wie in der Vergangenheit – anbieten zu können!
von Holger Fechner
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Alt-Text: Gruppenbild von 6 Personen im Freien, einige haben Blindenführhunde dabei
Seit vielen Jahren schon führe ich die unterschiedlichsten interessierten Gruppen durch den südlichen Teil des Naturparks Rheinland. Einmal pro Jahr bin ich auch mit dem BSV Bonn/Rhein-Sieg unterwegs.
Wir unternehmen meist im Frühjahr oder Herbst kurzweilige Spaziergänge in der Natur. Dies hat mir immer sehr viel Spaß bereitet. Das Interesse war immer sehr groß, so dass wir immer eine muntere Truppe waren. Dabei haben uns immer auch einige vierbeinige Freunde begleitet. Häufig fanden die Spaziergänge im südlichen Teil des Kottenforstes bei Bonn rund um das „Haus der Natur“ statt.
Hier gibt es besonders tolle alte Buchenwälder, die früher als Waldweide oder sogenannter Hutewald gedient haben. Der große Stammumfang und die raue Rinde zeugen davon. Unsere Spaziergänge führten uns auch zum nahegelegenen Wildgehege mit Wildschweinen und Rotwild. Die imposanten Tiere machten sich schon von weitem mit ihrem markanten Duft bemerkbar. Noch im Herbst 2021 konnten wir den Rothirsch bei seinem Brunftschrei erleben, mit dem er die weiblichen Hirsche anlockt– ein imposantes Schauspiel für alle. Dabei haben wir auch einiges über die Jagd im Kottenforst und im Allgemeinen gelernt.
Im Frühjahr hat uns der Kottenforst vor allem mit Blütenpracht und -duft tolle Erlebnisse beschert. Auch viele Kräuter, die früher und teilweise heute noch zum Kochen oder als Heilpflanze genutzt werden gab es zu befühlen und zu beschnuppern.
Einen besonders tollen Spaziergang haben wir vor einigen Jahren in den blühenden Obstplantagen bei Meckenheim unternommen, bei dem das Hauptthema die Obstbäume selber waren. Dabei haben uns Blütenduft und Bienensummen stets begleitet.
Bei allen Führungen konnten wir etwas über die Vorgänge in der Natur und über den Naturpark lernen. Anekdoten und Gedichte kamen auch nicht zu kurz. Besonders gerne habe ich dabei Gedichte von Heinz Erhardt eingebunden, die immer für Lacher gesorgt haben.
Abgerundet wurden unsere Spaziergänge immer mit einem leckeren Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee in einem nahegelegenen Restaurant.
Ich freue mich auch in Zukunft darauf, mit dieser tollen und naturinteressier-ten Truppe solche Spaziergänge machen zu dürfen.
Dabei gilt, ganz gemäß Heinz Erhardt: „Ich komme immer, entweder selbst oder persönlich."
von Marlis Schade
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Alt-Text: Bild von Marlis Schade mit ihrer Blindenführhündin
Im Jahre 1927 wurde das erste Alters- und Erholungsheim für Nichtsehende und Menschen mit Seheinschränkung im sauerländischen Meschede gegründet. Dort fanden bis zu 30 Bewohner und Erholungssuchende ein neues Zuhause oder einen Platz zum Verweilen. Wichtig war auch damals schon, dass die Betreuung der Anwesenden auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt wurde.
Nach dem zweiten Weltkrieg, in dem viele Soldaten, aber auch Zivilisten ihr Augenlicht fast bzw. völlig verloren hatten, war der Wunsch nach einem Zufluchtsort für sie und ihre Angehörigen nach Erholung größer geworden.
Im Laufe der Zeit entstanden so die ersten Einrichtungen mit der Bezeichnung Blindenerholungsheim. Die von Bonn aus am nächstgelegenen befanden sich in Hellenthal in der Eifel, Rheinbreitbach bei Neuwied und Mündersbach im Westerwald. Mit zunehmender Mobilität blinder Menschen seit den 70er Jahren, vor allem durch das neue Langstocktraining, und ein steigendes Angebot der damals noch Deutschen Bundesbahn für Reisende, ging es auf Entdeckungs-fahrt durch die BRD, wo entsprechende Häuser, von Schleswig-Holstein bis nach Bayern, für Erholungssuchende ihren Betrieb aufgenommen hatten. Damals leisteten bei An- und Abreise vor allem die Bahnhofsmissionen Umsteigehilfen an Bahnhöfen. Hauseigene Kleinbusse wurden eingesetzt, um die Gäste vom Zielbahnhof zur gewünschten Unterkunft und am Urlaubsende wieder zur Bahnstation zu befördern.
Einige Blindenerholungsheime, die sich in oder nahe bei Luftkurorten befanden, boten außerdem mit ihren eigens dafür eingerichteten Badeabteilungen Kurmaßnahmen an, die größtenteils von den Kostenträgern BFA oder Kranken-kassen finanziert wurden. So ging die Reise nach Saulgrub in Bayern, Osterode im Harz oder Bad Meinberg im Teutoburger Wald.
Urlaubsziele sind natürlich Geschmackssache! Der Eine liebt die Berge, der Andere das Meer. Mittlerweile hatte sich herum gesprochen, dass es im benachbarten Ausland, in der Schweiz, in Österreich oder Italien, ebenfalls Häusergibt, die für blinde und sehbehinderte Erholungssuchende gute Angebote machen.
Es war uns immer wichtig, freundliches und hilfsbereites Personal anzutreffen. Sei es, bei Gängen zum Buffet oder dem Servieren der Speisen am Tisch. Es wurden früher zusätzlich noch Zivildienstleistende eingestellt, die sich nach Bedarf um Gäste gekümmert haben. Wir schätzten auch gute und sichere Orientierungsmöglichkeiten, wie mit dem Langstock ertastbare Leitsysteme in Flurbereichen und größeren Räumen, Geländer entlang der Flure mit taktilen Hinweisschildern für Zimmer- und Toilettentüren oder taktile Bedienungs-elemente und Sprachansagen in Aufzügen,
Sauna, Schwimmbad, Fitnessraum oder Kegelbahn boten sich an, um zu entspannen oder sportlich aktiv zu sein. Manch einer verweilte aber lieber im Musikzimmer am Klavier, stöberte in der Lesestube durch die Bücherregale oder heutzutage im Medienraum am PC im Internet. Gemütliche und zweckmäßig eingerichtete Gemeinschaftsräume wie Cafeteria, Bar, Speisesaal etc. Waren schon immer einladende Örtlichkeiten zum gegenseitigen Kennenlernen bzw. Erfahrungsaustausch. Oftmals entstanden und entstehen so neue Freundschaften.
In verschiedenen Blindenerholungsheimen entstand schon vor Jahrzehnten die wirklich gute Idee, bequem am Telefon durch Drücken bestimmter Zielwahl-tasten aufgesprochene Informationen abrufen zu können. Aktuelle Speise-pläne, geplante Tagesausflüge und Gästelisten werden, mit Genehmigung der Anwesenden, vorgelesen.
Nach dem Mauerfall im Jahre 1989 wurden weitere Blindenerholungsheime in den neuen Bundesländern zugänglich. Die Häuser bekamen auch einen neuen Namen: Die Größeren wurden in Aura-Hotels, die Kleineren in Aura-Pensionen umbenannt.
Mitglieder unseres Vereins haben sich immer wieder um die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen bemüht, ob es um Familienfreizeiten an der Ostsee oder Wanderwochen im Harz ging.
Zu den früheren Highlights gehörte der Skilanglauf auf dem Kniebis bei Freudenstadt im Schwarzwald. Es machte großen Spaß, mit sehender Beglei-tung auf den Brettern die winterliche Schneeidylle zu genießen.
Sehr beliebt war auch der Bad Meinberger Treff. Ich erinnere mich noch gerne an diese schöne und abwechslungsreiche Veranstaltung über die Dauer von etwa 10 Tagen, die traditionsgemäß im Herbst stattfand. Es wurden Ausflüge angeboten beispielsweise zu den Externsteinen oder dem Hermannsdenkmal. Wunderschön waren ebenfalls die Fahrten mit einem Großraumtandem, das für Gesellschaftstouren angemietet werden konnte. Dabei handelte es sich um 16 miteinander gekoppelte Fahrräder, die in Dreierblöcken nebeneinander und 5 Reihen hintereinander angeordnet waren. Das 16te Rad befand sich an vorderster Front, und wurde von einem Piloten mit Unterstützung eines Hilfsmotors gesteuert. Die Mitfahrenden sollten auf jeden Fall trotzdem ordentlich in die Pedale treten, damit die Teilnehmer ein spürbar sportliches Vergnügen hatten. Die von 4 Stützbalken getragene markisenartige Überdachung bot bei nicht so guten Witterungsbedingungen ein bisschen Schutz vor Regen und Wind. An den Pfeilern waren zusätzlich Lautsprecher angebracht, aus denen passende Musik erklang.
Spannend wurde es am Abschlussabend durch die Turniere im Schach, Skat oder Kegeln mit den entsprechenden Bewertungen für die Teilnehmer sowie mitfiebernden Gästen.
Anlässe zum Spaß haben und Feiern gab es für blinde und sehbehinderte Menschen unter anderem auch in einem Haus in Valbert, einem idyllischen Ort im Sauerland. Durch die moderne Gestaltung dieser Einrichtung und der dort herrschenden lockeren Atmosphäre zog es Leute unseres Vereins, aber genauso Singles, Paare oder Grüppchen anderer Organisationen immer wieder in dieses Hotel.
Mit der Zeit stieg die Nachfrage und das Interesse an Fortbildungs-veranstaltungen. Zu diesem Zweck wurde beispielsweise das Aurahotel in Bad Meinberg durch einen Anbau erweitert, wo dann für entsprechende Seminar-räume notwendiger Platz zur Verfügung stand. Berufsgruppen wie Telefonisten, Schreibkräfte oder Masseure, später auch Physiotherapeuten trafen sich dort zu ihren Fachtagungen. Auch gab es Kurse zum Brailleschrift erlernen, für PC-Anwender oder die Bedienung des iPhones.
In den letzten 3 Jahrzehnten hat sich Einiges verändert.
Die Deutsche Bahn schaffte ein neues Angebot zur Umsteigehilfe, das die Bahnhofsmissionen entlasten sollte. Immer mehr Menschen mit Behinderung wollten verreisen, und konnten sich jetzt mit ihren Wünschen nach Umsteigehilfe an die Mobilitätsservicezentrale wenden.
Zivildienstleistende waren mittlerweile durch Bundesfreiwilligendienstler ersetzt worden, die sich nun als Gästebetreuer in unseren Häusern engagierten.
Durch gesetzliche Neuregelungen waren unter anderem Reha-Maßnahmen betroffen, die auch unsere Einrichtungen zu spüren bekamen. Dies hatte zur Folge, dass Badeabteilungen geschlossen werden mussten. Das Haus in Osterode war eines der Ersten, das dann auch für Urlauber nicht mehr offen stand. Es folgten nach und nach weitere Schließungen. In den Häusern für Blinde und Sehbehinderte fanden sich immer weniger Gäste ein. Es gibt kaum noch Kriegsblinde und verschiedene neue Angebote zum Urlaub machen. Es gab neue Reiseanbieter und viele Menschen verreisten selbstständig. Leider wurden gleichzeitig die Preise für die traditionellen Häuser stetig erhöht.
Der BSV Bonn/Rhein-Sieg hat versucht ein bisschen Licht in traurig gewordene Tatsachen zu bringen und dagegen zu steuern, indem er jedem Mitglied inkl. einer Begleitperson eine Urlaubspauschale von 2,50 Euro pro Tag und Person bis zu einem 14-tägigen Aufenthalt in einem Aura-Hotel gewährt. Leider gibt es derzeit nur noch 5 der traditionellen Urlaubsdomizile: An der Ostsee in Boltenhagen und Timmendorfer Strand, im Harz, in Wernigerode, im sächsischen Rochsburg und im bayrischen Saulgrub.
Wir wünschen uns, dass diese Häuser noch möglichst lange erhalten bleiben.
von Manuela Landsberg
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Alt-Text: Foto eines fahrenden Reisebusses vor Gebirgslandschaft
In den letzten 15 Jahren bot der Verein zusammen mit dem Busreiseunter-nehmen Klaus Meier mehrere Busreisen an. Vereinsmitglieder, Angehörige und Blindenführhunde waren dabei. Bis zu 30 Teilnehmer und 6 Vierbeiner haben das Angebot genutzt. Die Hunde reisten im hinteren Teil und so störten sie Niemanden.
Die erste Reise führte uns ins Salzburger Land ins Hotel „zum grünen Baum“. Neben einem tollen Ausflugsprogramm bot das Hotel einen sehr guten Service, sodass wir die Reise gleich im nächsten Jahr wiederholt haben. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Fahrt auf dem Königssee. Die Melodien des Trompeters habe ich immer noch im Ohr, wenn ich daran zurückdenke.
Bei der nächsten Reise blieben wir im Inland und fuhren in die Aura-Pension Wernigerode. Das Angebot der Ausflüge war sehr vielfältig. In besonderer Erinnerung blieben die Führung auf dem Hexenberg, die Seilbahn die mit Blindenführhund genutzt werden durfte und nicht zuletzt das Klo-Museum. Auch der Grillabend bei Regen draußen, bleibt unvergessen. Wurst und Brötchen auf dem Teller, bei der nächsten Portion, zuerst das Regenwasser vom Teller schütten, nicht vergessen.
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Alt-Text: Gruppenbild einer Reisegruppe von ca. 30 Personen mit einigen Blindenführhunden, im Hintergrund Bäume
2015 und 2021 ging es ins Ötztal nach Nordtirol. Wir waren beeindruckt von der Schönheit der Landschaft, aber auch von der Unberechenbarkeit der Natur, wir fuhren durch Landschaften, die zeigten wie die Bergwelt durch herab-stürzende Muren veränderlich ist. Besonders beeindruckend war die Fahrt auf den höchsten befahrbaren Gletscher in 2800m Höhe. Da oben war noch Schnee, aber uns wurde beschrieben, dass zu sehen ist, wie die Gletscher zurückgehen. Im Ötztal und Umgebung begleiteten uns Robert und seine Frau als Gästeführer.
2017 ging es ins Zillertal. Besonders ist hier ein Ausflug in ein ehemaliges Silberbergwerk zu erwähnen. Wir fuhren mit der Bergbahn in den ehemaligen Stollen. Dabei trugen wir Helme und Regenjacken, denn wir wurden auch ordentlich nass. Nach einem abenteuerlichen Rundgang durch den Berg, waren wir am Ende froh, wieder an der frischen Luft über Tage zu sein. Die Hunde konnten hier nicht mit, da die Bergbahnwagen viel zu eng sind, man sitzt hintereinander und wird mit hohem Tempo in den Berg getrieben. Bei einer Wanderung, es ging los im Sonnenschein, zeigte uns die Bergwelt, wie schnell sich das Wetter ändert und bei strömendem Regen kamen wir pudelnass ins Hotel zurück.
2018 ging es ins Kleinwalsertal. Zuerst waren wir
über die Größe des Hotels erschrocken. Aber die
hervorragende Betreuung durch das Personal und das vielfältige
Sportangebot machten den Aufenthalt zum wunderbaren Erlebnis. Hier
führte uns ein Ausflug auf die höchste Skisprungschanze in
Obersdorf. Auch wanderten wir zu einem Meditations-Platz, wo wir
unter Anleitung eines Führers die Geister hören sollten.
Der Führer trug Barfußschuhe und beschwor deren
gesundheitliche Vorteile. Dies führte dazu, dass beim Shopping
am nächsten Tag einige Teilnehmer sich solche Schuhe zulegten.
Ich übrigens auch.
2019 fuhren wir in den Osten. Wir besuchten Dresden und Leipzig. Natürlich gab es auch hier wieder viel zu erleben. Beeindruckend war der Besuch in einem ehemaligen Stasigefängnis. Eine Bootsfahrt durch das Elbsandstein-gebirge und das Abschlusskonzert des Thomanerchors. Auch die Möglichkeit mit einem Trabbi zu fahren, war ein echtes Erlebnis. Die Reise endete mit der Teilnahme der Gruppe am Louis-Braille-Festival im Leipziger Zoo.
Schon in den Jahren zuvor haben wir Busreisen zu den Louis-Braille-Festivals in Hannover und Marburg unternommen. Das Festival in Berlin wurde von den Teilnehmern mit dem ICE angesteuert.
Die Reisen waren immer ein großes Erlebnis, da auch viele Alleinstehende ohne Begleitperson mitfuhren. Die Gruppen bezogen alle immer mit ein und halfen sich gegenseitig.
Finanziell wurden die Reisen durch die Aktion-Mensch gefördert.
Mir hat es immer viel Freude bereitet, diese Reisen zu organisieren. Ich bedanke mich bei allen Helfern, besonders bei meinem Mann, der mich auch hier tatkräftig unterstützt hat.
von Karla Faßbender
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Alt-Text: Foto von Karla Fassbender, sie sitzt an einem Werktisch und arbeitet konzentrier mit beiden Händen an einem flachen Werkstück
Die blinde Bildhauerin Karla Faßbender erschafft wunderbare Skulpturen, und sie erzählt wie es dazu gekommen ist:
Ich wurde 1950 in Bonn geboren. Schon während der Ausbildung zur Wirtschaf-terin kam es zu Entzündungen in den Augen, die schleichend zur Erblindung führten. Hinzu kam im Jahr 2005 ein Schlaganfall. Heftige Schwindelattacken waren die Folge und ich benötigte ein Jahr um wieder auf die Beine zu kommen. Mein Mann, der selber künst-lerisch tätig ist, hat mich überredet, an einem Bildhauerkurs teilzunehmen.
Ich wollte erst gar nicht dahin, denn ich dachte, da erlebe ich unter lauter Sehenden nur Frust, und das wollte ich mir nicht antun.
Aber es kam anders, ich entdeckte mein Talent, ja meine Leidenschaft für die Arbeit mit Speckstein, Alabaster sowie Serpentin und stellte fest, dass mir die Arbeit Ruhe, Kraft und vor allem ein inneres Gleichgewicht gab.
Im Jahre 2002 habe ich zunächst erste Arbeiten in Ton und Speckstein in einer Künstlergruppe des Blindenvereins Bonn unter der Leitung der Bonner Bildhauerin Edith Sauerborn geschaffen. Dadurch Angeregt besuchte ich ab 2006 zunächst die Winterwerkstatt an der Alanus Hochschule in Alfter, bei der Bildhauerin Stefanie Gather. Die Dozentin hat mich ermutigt, mich mit der Bildhauerei weiter zu beschäftigen.
Anschließend war ich ab 2007 bis heute Schülerin der Bildhauerkurse der Sommerakademie in den Räumen der Alanus Hochschule, zunächst unter der künstlerischen Leitung von Phillip Marchand, einem Bildhauer aus Belgien und später durch den Bildhauer Klaus Hann.
Ganz besonders interessiert mich Speckstein wegen seiner vielfältigen Farbigkeit und Alabaster wegen seiner Lichtdurchlässigkeit. Beide sind so weich, dass sie sich mit der Bildhauerraspel und Schleifpapier bearbeiten lassen. Unter meinen Händen fühlt sich die geschliffene Oberfläche wie Samt an. Ich benutze keine Maschine und selten Hammer und Meißel“.
Seit 2013 bin ich Mitglied der Künstlervereinigung „BLINDE UND KUNST e.V. in Köln. Das ist ein bundesweiter Zusammenschluss blinder und sehender Künstlerinnen, Künstler und Kunstinteressierter. Als offenes Forum ist Kunst hier kein elitäres, abgehobenes Schaffen, sondern wurzelt im täglichen Tun. Die Mitglieder des Vereins wollen neue künstlerische Formen entwickeln, die dem spannenden Verhältnis zwischen Sehen, Nicht-Sehen und den anderen Sinnen Rechnung tragen.
Im Rahmen der „Art Blind“ vom 17.05. bis 16.06.2013, die von „Blinde und Kunst“ maßgeblich gestaltet wurde, habe ich ausgestellt. Die Schirmherrschaft hatte der englische Bildhauer Anthony Cragg mit dem Bundesverband bildender Künstler im Stapelhaus in Köln übernommen. Eine Skulptur des Künstlers steht auf dem Remigius Platz in Bonn. Zusammen mit 16 blinden und sehbehinderten Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt durfte ich ausstellen. Aus 160 Bewerbern wurden diese von einer Jury nominiert.
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Alt-Text: Foto von Karla Fassbender, sie beareitet einen weißen ca. 40 cm großen Stein
Im Rahmen des Projektes „Inklusion - vielfältig leben“ das im Mai 2017 vom Verein“ Forum Ehrenamt der Euskirchener Region“ durchgeführt wurde, habe ich in der Apsis der Herz-Jesu-Kirche in Euskirchen, 12 Skulpturen ausgestellt. Mit dem Thema: „Kunst zum Berühren“. Ein Erlebnis der besonderen Art. Durch die Ausstrahlung des Kirchenraumes hatte die Ausstellung fast einen sakralen Charakter. Auch, dass die Skulpturen berührt werden durften, was in Ausstellungen und in Museen sonst nicht üblich ist, aber von den blinden Menschen sehr geschätzt wurde.
Eine besondere Auszeichnung war für mich die Teilnahme an dem Pilot Projekt Inklusion - Entwicklung eines modularen Vermittlungsprojektes zu inklusiver Bildung im Museum. Im Rahmen der Ausstellung „Wetterbericht - Über Wetterkultur und Klimawissenschaft“ Bundeskunsthalle Bonn, vom 07.10. bis zum 06.01.2018. Mit der extra für diese Ausstellung geschaffenen Alabaster Skulptur „Meereswelle im Auslauf“ und der ausdrücklichen Aufforderung diese zu berühren, um zu erfahren wie blinde Menschen mit ihren Händen sehen. Dies war für viele Besucher eine Überraschung.
Mit der Sonderausstellung Europa und das Meer beleuchtete das Deutsche Historische Museum Berlin im Jahr 2018 das komplexe Verhältnis der Europäer zum Meer. Ich durfte mit meiner „Meeres-Welle im Auslauf“ ausstellen. Ein sehr überwältigendes Erlebnis. Allein das Gebäude war schon sehr beeindruckend, wie ich aus den Erklärungen meines Mannes entnehmen konnte. Ich war zur Eröffnung der Ausstellung eingeladen. Ein Erlebnis der besonderen Art. Es waren schätzungsweise 300 Gäste anwesend. Überwältigend die Anzahl der ausgestellten Objekte und ich mit meiner Welle mittendrin. Aber sie hatte etwas Besonderes, sie durfte angefasst und gestreichelt werden.
Bei allen Arbeiten und Ausstellungen haben mich meine Führhunde stets treu, hilfreich und sicher begleitet.
Auch bei meinem neuen Projekt ist mein Führhund Andy Partner und Mitspieler. Es handelt sich um ein Hör- Tanzspiel für Zweibeiner und vier Pfoten. Das Stück ist für Kinder ab 5 Jahren insbesondere blinde und sehbehinderte Menschen. Bellen und singen, fellüberzogene Steine und sprechende Blumen, die das Geschehen auf der Bühne erklären. Dies ist das Reich, das ich mir mit Andy und dem Tänzer Arthur Schopa gemeinsam erschaffen habe. Es gibt viel zu sehen, zu hören und zu fühlen. In diesem eigenartigen Kosmos sind Hunde und Menschen und alle Sinne gleichgestellt.
Ausgangspunkt des Projektes war eine Anfrage von Barbara Fuchs, Leiterin der tanzfuchs Produktion in Köln-Ehrenfeld, an verschiedene Blinden und sehbehinderten Vereine. Sie suchte blinde Menschen mit Führhund für ein Kunstprojekt.
Der Vorstand des Blinden- und Sehbehinderten Vereins Bonn/Rhein-Sieg hat bei mir angefragt, ob ich bereit wäre an dem Stück mitzuarbeiten. Nach einem sehr intensiven Gespräch mit Frau Fuchs habe ich mich endschieden unter Vorbehalt mitzuwirken. Ein dreiviertel Jahr lang haben wir am Inhalt des Stückes „Karla, Ändi, Arthur“ gefeilt. Es hat sich gelohnt. Die Premiere war am 02. Oktober 2021 in den Ehrenfeldstudios in Köln. Sie war ein voller Erfolg. Weitere Aufführungen sind terminiert.
Ich bin froh, dass ich mich für eine Teilnahme endschieden habe. Es macht Andy und mir großen Spaß.
von Eberhard Schuppius
Barrierefreiheit ist ein wichtiges Thema. Rechtliche Regelungen von den Vereinten Nationen bis zur Ebene der einzelnen Bundesländer fordern dies. Natürlich bemühen sich auch die Bonner Museen und Ausstellungsräume hierum.
Als Beispiel herausgegriffen sei das Landesmuseum des Landschaftsverbandes Rheinland in der Bonner Colmantstraße nicht weit vom Hauptbahnhof. Es bildet auf vier Stockwerken die kulturgeschichtliche Entwicklung unseres Raumes von frühester Zeit bis heute ab. Zu den herausragenden Exponaten zählen Gebeine des Neandertalers, dem Namensgeber dieser Menschenart. Regelmäßige Sonderausstellungen ergänzen das Programm. Hinzu kommen Vorträge und Führungen zu den verschiedenen Themen des Hauses.
Das Museum befindet sich derzeit im Umbau, der bis 2024 abgeschlossen sein soll. Das Erdgeschoss sowie das dritte Stockwerk mit den Sonderausstellungen sind schon fertig und bieten angesichts der Größe des Hauses für sich allein genügend Raum für einen interessanten Besuch.
Der Landschaftsverband hat bei der architektonischen Umgestaltung auf Zugänglichkeit Wert gelegt.
Für den Personenkreis der Blinden und Sehbehinderten findet sich auf der Webseite des Hauses eine Beschreibung des Fußweges vom Bonner ZOB zum Museum. Die Fläche vor dem Gebäude ist kontrastreich und stufenfrei gestaltet, und die Türen öffnen sich bei Annäherung berührungsfrei. Ab der Tür zum Innenraum führt eine taktile Tastspur entlang der weiteren Wege. Die Aufzüge sind mit Brailleschrift versehen, und die Tasten für die einzelnen Stockwerke sind erfreulich groß und kontrastreich. Die jeweilige Etage wird angesagt. Führhunde sind im ganzen Haus willkommen.
Für Sehbehinderte und Blinde ist es jedoch nicht damit getan, ein Museum architektonisch zugänglich zu machen. Wir brauchen auch inhaltliche Informationen zu den Objekten. Hierum bemüht sich das Landesmuseum im Rahmen seines Umbaus. An der Kasse können sich Menschen mit Sehein-schränkung Monokulare oder beleuchtete Lupen ausleihen. In der Dauer-ausstellung wird das Museum 35 Stationen einrichten, an denen Menschen mit visuellen Einschränkungen Kopien von Ausstellungsstücken berühren und Texte zu dem jeweiligen Thema hören können. Drei dieser Stationen sind bereits fertig. Hierzu sind Audioguides in Vorbereitung, die Einzelstationen zu Rundgängen zusammenfassen. Geplant ist ein Mediaguide, der es erlauben wird, die Rundgänge mit dem eigenen Smartphone zu nutzen. Der Mediaguide kann über einen im Fußboden des Eingangsbereichs der Ausstellung eingelassenen QR-Code oder über die Webseite des Museums aufgerufen werden, ist aber derzeit (Dezember 2021) noch nicht in Funktion.
Trotz allem bleibt für unseren Personenkreis die Erläuterung durch einen Menschen noch das beste Mittel, ein Museum oder eine Ausstellung zu erfassen. Dass bei entsprechendem Eintrag im Ausweis die Begleitperson keinen Eintritt zahlt, ist inzwischen Standard und gilt auch für das Landesmuseum. Daneben bietet das Haus von Zeit zu Zeit Führungen für Sehbehinderte und Blinde an. Gruppenführungen für Blinde und Sehbehinderte lassen sich ebenfalls arrangieren.
Wer mehr über das Landesmuseum erfahren möchte, findet viel Information auf der Webseite des Museums, die auch neu gestaltet werden soll. Für weitere Auskünfte und Hilfen kann man sich an Anne Segbers wenden, E-Mail: anne.segbers@lvr.de, Tel. 02 28 - 2 07 0-2 28.
von Manuela Landsberg
Nein, ich bin noch nicht so lange Mitglied im Verein, da ich noch gar nicht so alt bin. Aber seit 1987 gehöre ich dem Verein an, und seit 27 Jahren unterstütze ich meinem Mann als Vorstandsmitglied. Aber dies soll hier nicht das Thema sein.
Wir haben vier Mitglieder, die seit über 60 Jahren unserem Verein angehören. Zwei Herren und zwei Damen. Mit den Damen habe ich Gespräche geführt, wie es für Sie war, als junge Frau nach Bonn zu kommen. Durch den ehemaligen Status von Bonn als Bundeshauptstadt ergaben sich hier vielfältige Möglich-keiten einen Arbeitsplatz, auch als blinder Mensch zu finden.
So kam eine von ihnen, Gertrud Kählke, in den fünfziger Jahren nach Bonn, und fing hier in der ansässigen Blindenwerkstadt an, Besen und Bürsten zu fertigen. Diese Werkstadt befand sich in der Sternenburgstraße. Ende der sechziger Jahre wechselte der Eigentümer, und die Werkstadt ging nach Neuwied, wo sie bis heute existiert. Da es sehr schwierig war Wohnraum zu finden, hatte man im Haus in der Sternenburgstraße auch kleine Wohnungen, wo einige blinde und sehbehinderte Mitglieder wohnten. Später schulte sie um, und wechselte in den Schreibdienst bei der Stadtverwaltung Bonn. Alles dies erzählte sie mir am Telefon.
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Alt-Text: Foto von Inge Schäfer,
Ehrenmitglied im BSV
Inge Schäfer, die ich persönlich interviewte, kam 1960 nach Bonn und trat am 01.04.1960 in den Verein ein. Sie selbst fing beim Finanzministerium im Schreibdienst an. Damals noch mit Tonbandgeräten als Diktiergerät. Sie hatte ein Zimmer im Mädchenwohnheim. Weil sie sehr kontaktfreudig ist, hatte sie dort auch schnell Anschluss. Man machte mehrere Versammlungen im Jahr. Viele Treffen fanden in der Gaststätte Nolden in Endenich statt, die es bis heute gibt. Bad Godesberg war noch selbständig, und dort gab es einen eigenen Verein. Weihnachtsfeiern machte man aber auch schon zusammen. Besonders schön, so sagte mir Inge, war es dort gemeinsam zu musizieren.
Als das Gustav-Heinemann-Haus dann in den siebziger Jahren eröffnet wurde, verlagerten sich viele Aktivitäten in dieses Haus. 1972 schlossen sich Bad Godesberg und der Bonner Verein zusammen. Viele schöne Erinnerungen hat Inge an die gemeinsame Zeit im GHH. z.B. Gitarrenunterricht, einen Chor, und was besonders gemütlich war, die Zusammenkünfte nach den Veranstaltungen im hauseigenen Restaurant.
Im GHH wurde Schwimmen angeboten, was es, bis Corona kam, immer noch gab. Eine Teestube, einmal die Woche, Schach, Skat und Handarbeit. Gleich zwei Kegelgruppen hatten wir, da im Haus eine auf die Belange blinder Menschen angepasste Kegelbahn existierte. Nicht zu vergessen die Turner, die im Gymnastikraum ihre Übungen unter Leitung von einer Übungsleiterin durchführten.
1979 verbesserte sich die Mobilität durch das Angebot von Mobilitätstraining für die in Bonn lebenden Betroffenen. Durch Armin Kappallo wurde hier in Bonn ein eigenes Mobilitätszentrum in Duisdorf Medinghoven eröfnet. „Ich war eine der ersten, die Training machen durfte“ erzählt Inge mit Stolz.
Zur weiteren Steigerung Ihrer Mobilität, hat Sie nun seit mehr als 20 Jahren auch immer Blindenführhunde an Ihrer Seite.
von Sabine Franke und Marco Mers
Den Startschuss unserer Zeitreise bildet das 50jährige Jubiläum des Vereins im Jahr 1971.
Ein Blindenzentrum für Bonn ist der Wunsch zum Jubiläum.“ So schrieb eine Zeitung anlässlich unseres 50jährigen Vereinsjubiläums, das in St. Augustin stattfand. „Blinde in die Gesellschaft integrieren“, so lautet die Überschrift eines anderen Artikels.
Zeitgleich war in der Bonner Rundschau die Schlagzeile „Dienst-KFZ für blinde Kollegen“ zu lesen. Zu dieser Zeit zählte der Verein 176 Mitglieder. Davon waren 60 Personen berufstätig. Bernd Erwin war Vorsitzender unseres Vereins. Neben unserem Verein, in dem ausschließlich Zivilblinde organisiert waren, gab es noch den Kriegsblindenverein.
Auch in den Jahren 1990 und 1995 war dem Generalanzeiger die Wahl eines neuen Vereinsvorsitzenden immer eine Schlagzeile wert. Mit Presseartikel vom 08.03.1990 gab er die Wahl von Hans-Dieter Später zum Vorsitzenden, mit Artikel vom 07.04.1995 die von Robert Landsberg zum Vorsitzenden bekannt.
Warum werden neugewählte Vorsitzende unseres Vereins im Generalanzeiger erwähnt? Ein wesentlicher Grund dafür dürfte in dem Umstand liegen, dass die Bonner Presselandschaft unseren Verein dahingehend wahrnimmt, dass er nicht nur für seine Mitglieder, sondern für die Bonner Bürgerinnen und Bürger insgesamt eine Bereicherung darstellt. Die Unterstützung seiner Mitglieder hatte sich gelohnt: Von den damals 270 Mitgliedern waren 92 berufstätig (s. Generalanzeiger vom 07.04.1995).
„Arbeit am Computer ist für Blinde problemlos.
Bonner Verein bietet berufliche Eingliederungs- und Orientierungshilfen für Sehbehinderte“, so ein Artikel des Generalanzeigers vom 12.06.1991.
Der regionalen Presse blieben die Sorgen unseres Personenkreises nicht verborgen. Ende 1996 hieß es im Bonner Stadtanzeiger „Behinderte fordern tickende Ampel“. Es war wieder einer der so wichtigen Spaziergänge, der aufgezeigt hat, dass scheinbar alles nur visuell geht. „Fuß- und Radwege nur optisch voneinander getrennt“, stellt der Artikel zutreffend fest. Dort war – wieder etwas revolutionär anmutend – auch zu lesen, dass in allen neuen Bussen die Haltestellen nicht nur angezeigt, sondern zusätzlich auch angesagt werden, wodurch das Aus- und Umsteigen für sehbehinderte Personen wesentlich erleichtert würde.
„75 und eine starke Leistung“ hieß es deshalb in einem Artikel der Bonner Rundschau aus dem Jahr 1996 anlässlich des 75jährigen Bestehens unseres Vereins. „… und vor allem der Blinden- und Sehbehindertenverein leisten hier herausragende Leistung, um die Verwaltung in großem Maß zu entlasten“, lobte die damalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann die Verdienste des Vereins.
„Neue Geldautomaten sind nicht ertastbar“, heißt es in einer Meldung vom 16.10.1997 des Generalanzeigers. Hier wurden auch die Argumente für Barrieren genannt, mit denen wir uns rumschlagen mussten und noch immer müssen: „akustische Geräte zu teuer“.
„Sehen mit anderen Sinnen“ überschrieb die Bonner Rundschau einen Artikel vom 03.08.1998. Vielleicht hätte die Zeitung diese Schlagzeile auch um “und das auch noch aus anderer Perspektive“ ergänzen können. Der Artikel dreht sich um einen Rundflug mit dem Hubschrauber, den unser Verein interessierten Mitgliedern angeboten hatte. Die eine oder der andere erinnern sich sicher gerne daran zurück.
Im November 1999 präsentierte der Generalanzeiger der Bonner Öffentlichkeit gleich mehrere Änderungen im Zusammenhang mit unserem Verein: Da war zum einen der Umzug unserer Geschäftsstelle von der Dorotheenstraße in die Noeggerathstraße. Zum anderen – schon etwas revolutionär anmutend – die Aussage, dass Infos der Stadt in Blindenschrift umgeschrieben würden. Immer mehr ging es auch um elektronische Hilfsmittel. „Spezialcomputer sind eine große Hilfe“, stellte das Blatt zutreffend fest.
„Rillen und Rippen sollen beim Ertasten helfen“. Auch wenn diese Schlagzeile des Generalanzeigers vom 19.09.2001 stark nach Werbung für taktile Leitsysteme (Bodenindikatoren) klingt, ging es hier nicht um Mobilität, sondern ums Geld! Die Einführung des Euros kündigte sich an und so galt es auch für blinde und sehbehinderte Menschen, sich mit der neuen Währung vertraut zu machen. Unser Verein bot Schulungen in der Handhabung des Euros an.
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Alt-Text: Collage der im Text
genannten Presseartikel
Hier sieht man auch mit Finger und Nase gut“, so beschreibt die Rhein-Sieg-Rundschau am 27.05.2003 die Wiedereröffnung des Blindengartens in der Bonner Rheinaue. Unser Vereinsmitglied und seinerzeit langjähriger Vorsitzender Heinrich Erk ist einer der Väter dieses Projekts.
Am 16.10.2003 ist in der Bonner Rundschau vom Tag des weißen Stockes zu lesen. Unter der Überschrift „Wenn Hände und Ohren die Augen ersetzen „von Erfolgen, aber auch von bestehenden Einschränkungen für unseren Personen-kreis. Da ist unser Vereinsmitglied Michael Plarre, der sein Leben auch ohne Sehkraft meistert, da wird das Multimedia-Center im Gustav-Heinemann-Haus als Modelleinrichtung für Menschen mit und ohne Behinderungen erwähnt, auch die neue Aufzugsanlage im Stadthaus, die nur über einen Touchscreen bedienbar ist und da sind die Geldautomaten, die noch immer nicht für blinde und sehbehinderte Menschen bedienbar sind. Robert Landsberg hat der Sparkasse aber die Bereitschaft entlocken können, bald einen Geldautomaten mit Sprachsteuerung aufzustellen. Auch warnte Robert Landsberg vor Plänen einiger Landesregierungen, das Blindengeld zu kürzen oder gar zu streichen.
Mittlerweile sind wir im August 2005 angekommen. Bonner Rundschau und Generalanzeiger werden auf die Busfahrerschulungen aufmerksam, zu denen unser Verein maßgeblich beiträgt. Da ist die Rede von Unsicherheiten, von Tests mit Rollstuhl und Blindenstock und von einer Entdeckungsreise mit dem Blindenstock. In der Bonner Rundschau vom 03.08.2005 heißt es hierzu u.a. wie folgt: „Busfahrer erlebten die Probleme Behinderter.
SWB schulen Mitarbeiter. Test mit Rollstuhl und Blindenstock: Man fühlt sich ganz schön unsicher“. Der Generalanzeiger schreibt in seiner Ausgabe vom 04.08.2005 dazu: „“Mit dem Blindenstock auf Entdeckungsreise. Schulung; Busfahrer simulieren den Alltag Blinder.“
Mittlerweile schreiben wir den Juni 2008 und
wieder einmal zeigt sich, wie wichtig es ist, dass die Aktivitäten
unseres Vereins, aber auch die Teilnahme Blinder und Sehbehinderter
am öffentlichen Leben auch wahrgenommen werden. Anlässlich
des damaligen Sehbehindertentages schreibt der Generalanzeiger:
„Manchmal hilft es nur, Gänge zu zählen. Tag der
Sehbehin-derung – ein Aktionstag macht auf das Leben mit
Handicap aufmerksam. Manuela Landsberg und Ina Jonas müssen sich
oft durch den Alltag kämpfen
z. B. beim Einkaufen.“
„Mit dem Tastsinn lesen“. Mit dieser Schlagzeile macht der Generalanzeiger in seiner Ausgabe vom 30.04./01.05.2009 auf die Tour de Braille aufmerksam. Hierzu schreibt die Ausgabe u. a.: „Der Blinden- und Sehbehindertenverein feiert den 200. Geburtstag von Louis Braille mit einer Blindenschriftlesung.“
„Schlecht sehen kann ich gut“. So heißt es in einem Artikel aus dem Schaufenster/Blickpunkt vom 06.10.2010. Dahinter steht die Ankündigung einer Informationsveranstaltung unseres Vereins am 07.10.2010 in der Stadthalle Bad Godesberg.
Spätestens im Jahr 2011 wird unserem Verein im Rahmen seines 90jährigen Bestehens politisches Know-How attestiert. In einem Artikel des Generalanzeigers vom 12.07.2011 heißt es hierzu: „Einmischen in die Politik gehört dazu. Blindenverein feiert sein 90jähriges Bestehen. Auch er schätze die Arbeit dieses traditionsreichen und sehr gut organisierten Vereins sehr, erklärte Bonns Sozialamtsleiter Dieter Liminski dem Generalanzeiger am Rande der Veranstaltung.“
Wir machen einen Sprung in den Juni 2020. Die Standfestigkeit Blinder und Sehbehinderter wird in Frage gestellt und Gehwege werden mehr und mehr zur „Open Air Abstellkammer“ umfunktioniert. Hinter dieser skurrilen Beschreibung steckt das zunehmende Problem auf Gehwegen abgestellter Kleinstfahrzeuge (E-Roller bzw. E-Scooter). Der Generalanzeiger schreibt hierzu: „Elektroroller gefährden Barrierefreiheit. Falsch abgestellte E-Skooter werden in der Bonner Innenstadt immer öfter zur Stolperfalle für Sehbehinderte.“
Die Schulungen der Busfahrer in Bonn und die kontinuierliche Unterstützung durch unseren Verein schaffen es jetzt auch in die Kölner Presselandschaft. In einem Artikel des Kölner Stadtanzeigers aus dem August 2020 ist dazu zu lesen: „Jede Busfahrt eine Herausforderung. Stadtwerke Bonn schulen ihre Fahrer, wie sie Fahrgästen mit Behinderungen helfen können.“
Im Jahr 2021 angekommen, ist die bundesweite Aktion „Pollermützen“ zu erwähnen, die es – wie könnte es auch anders sein – in die Presse geschafft hat. Wieder ist Tag der Sehbehinderten und wieder stellt sich unser Verein gemeinsam mit vielen anderen Blinden- und Sehbehindertenvereinen in Deutschland seiner Verantwortung, Unfallgefahren in der alltäglichen Umwelt aufzuzeigen und deren Abstellung anzumahnen. In seiner Ausgabe vom 04./05.06.2021 schreibt das Schaufenster Bonn hierzu: „Aktion gegen grau. Pollermützen für mehr Sicherheit auf Gehwegen in Bonn. Eine Aktion des BSV zum bundesweiten Sehbehindertentag.“
Damit sind wir am Ende dieser Zeitreise angekommen und können vielleicht ein Fazit ziehen. Mit der Teilhabe an der Gesellschaft bzw. am öffentlichen Leben ist es vielleicht ein bisschen wie auf dem Jahrmarkt, wenn die Schausteller immer rufen: „Jetzt noch dabei sein! … Mitmachen lohnt sich!“ Haben sie nicht Recht?
Grafik - Gruppenfoto des Vorstands
Oben von links:
Robert Landsberg -
Vorsitzender
Marco Mers – Stellvertretender
Vorsitzender
Hugo Ueberberg - Beisitzer
Unten von links:
Matthias Klaus -
Schriftführer
Erika Heck - Beisitzerin
Manuela
Landsberg - Beisitzerin
Blindenführhündin Alex
Nicht auf dem Bild: Britta Janaschke - Beisitzerin
Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg
e.V.
Vorsitzender: Robert Landsberg
Konrad-Adenauer-Platz
6, 53225 Bonn
Telefon: 02 28-69 22 00
E-Mail:
bsv-bonn@t-online.de
Webseite: www.bsv-bonn.de
Eingetragen beim Amtsgericht Bonn unter Registerblatt-Nr. VR 2043
Kontoverbindung:
Sparkasse KölnBonn
IBAN:
DE95 3705 0198 0000 0869 75
BIC: COLSDE33
Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des
Blinden- und Sehbehindertenvereins Bonn/Rhein-Sieg e.V.
Druckauflage:
500
Drucker: Werkstätten für Buchbinderei und
Buchkunst Hans Hennemann, Heilsbachstr. 24, 53123 Bonn
Die Festschrift erscheint auch als PDF-Dokument und für Sprachausgabe optimierte HTML-Datei unter www.bsv-bonn.de/100-jahrfeier.
Danke schön!
Grafik – Logo
Alt-Text: Logo „Gefördert
durch die Aktion Mensch“
Wir danken der Aktion Mensch für die Unterstützung unseres Selbsthilfetages am 13. Mai 2022 im Rahmen des 100jährigen Jubiläums des BSV Bonn/Rhein-Sieg e.V.
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Brailleschrift
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